Auf den Hund gekommen

Sind wir nun endgültig auf den Hund gekommen?

Heinrich Schafmeister
24. Juni 2010

Appell an unsere Schauspielkollegen und Agenten

Liebe Kollegen, liebe Agenten,

pro Drehtag kostet

  • eine Kuh mindestens 450 €,
  • eine Katze mindestens 400 €,
  • ein Hund mindestens 350 €,

und wir fragen uns: Sind wir nun endgültig auf den Hund gekommen?

Zurzeit werden für eine Polizeiserie Profi-Schauspieler gesucht, die (nicht verhandelbar) 350 € pro Drehtag bekommen sollen. Dies ist nur eines von vielen hundeelenden Angeboten, die in letzter Zeit uns Schauspielern gemacht werden: Selbst für renommierte Produktionen mit berühmten Regisseuren wurden Schauspieler engagiert, die teilweise weniger als 350 € pro Drehtag verdienten.

Das witzige Bonmot – „wer mit Bananen bezahlt, muss mit Affen arbeiten!“ – kann uns da nur halbwegs erheitern; denn Affen werden besser vergütet (nicht unter 1500 €) als viele von uns. Nein, die Lage wird immer ernster!

Die Produzentenallianz und der BFFS werden in Kürze Sondierungsgespräche führen mit dem Ziel, in Tarifverhandlungen zu treten. In dem Rahmen wollen wir verbindliche Regelungen über die „angemessene Vergütung“ der Schauspieler bei Film und Fernsehproduktionen treffen.

Auf den Hund gekommen
Auf den Hund gekommen

Aus unserer Sicht wird bei den Verhandlungen neben anderen wesentlichen Aspekten einer angemessenen Vergütungsstruktur – wie z. B. der Abkehr vom Buyout –, selbstverständlich auch ein Sockelbetrag eine wichtige Rolle spielen, der von Produzentenseite bei der Vergütung von Schauspielern nicht unterschritten werden dürfte. Diese Untergrenze ist für Schauspieler nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht notwendig, sondern auch eine Frage der Achtung vor unserem Beruf. Und natürlich kann eine Schauspielergage nicht als „angemessen“ bezeichnet werden, wenn sie noch spärlicher ausfällt als die eines Hundes am Set.

Je mehr sich aber im Vorfeld der Tarifauseinandersetzung die Fälle häufen, in denen Schauspieler mit 350 € pro Drehtag (und weniger) abgespeist werden und ihre Agenten dies unter dem massiven Druck resignierend zulassen (müssen), desto mehr werden die angestrebten Verhandlungen belastet, eine angemessene Untergrenze einzuführen, die das Prädikat „angemessen“ auch verdient.

Wir vom BFFS wissen sehr genau: Die ganze Branche ächzt, immer weniger Produktionen werden mit immer geringeren Budgets in Auftrag gegeben. Schauspieler wollen spielen und warten sehnsüchtig auf eine Chance, ihr Können unter Beweis zu stellen – ungeachtet der Bezahlung. Manch einer von uns hat seit längerer Zeit nicht mehr gedreht und ist verzweifelt.

Aber 1470 Kollegen von ca. 4500 Film- und Fernsehschauspieler sind dem BFFS beigetreten und haben ihn zum mitgliedstärksten Berufsverband unserer Branche gemacht, weil sie sich nicht mehr alles gefallen lassen wollen. Der hohe Organisationsgrad hat den BFFS überhaupt erst tariffähig gemacht und wir versprechen, alles in unserer Macht Stehende zu tun, Schauspieler, Agenten und die ganze Branche vor unwürdigem Dumping zu schützen. Wir müssen durch Tarifverhandlungen unbedingt die Erpressung der notleidenden Kollegen verhindern, ihre professionelle schauspielerische Arbeit für „Hundegagen“ und darunter an ausgewachsene Sender zu verhökern. Denn die Erfahrung zeigt ja leider, dass einer Erpressung die nächste folgen wird.

Darum appellieren wir an Euch, liebe Schauspieler: Resigniert bitte nicht, keiner von uns sollte dazu verdammt sein, auf hundeelende Angebote von 350 € pro Drehtag und niedriger einzugehen – auch wenn die Not und der Spieltrieb noch so groß sind.

Und Sie, liebe Agenten, tragen eine besondere Verantwortung, die Schauspieler, an die Sie ja glauben, auch zu schützen und sie nicht in solch unsittlichen Engagements verbrennen zu lassen.

Bitte, liebe Schauspieler und liebe Agenten, boykottieren Sie Dumpingangebote und helfen Sie mit, dass auch Ihre Kollegen nicht endgültig auf den Hund kommen!

Mit vielen kollegialen Grüßen
und Ihr, liebe Hunde, nichts für ungut 😉

Der BFFS-Vorstand

P.S. Sendet uns bitte solche Dumpinganfragen an: aufdenhundgekommen@bffs.de.

Artikel "Apell gegen Dumping" als PDF herunterladen

 

Kommentarfunktion geschlossen.