Der Kommentar zum Kommentar „Nicht jeder ist ein Schauspieler“

Hans-Werner Meyer
10. Dezember 2013
Copyright Gerhard Kemme
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Armgard Seegers schreibt im Hamburger Abendblatt folgenden Kommentar. Abgesehen von ihrer vielleicht verständlichen aber für uns nicht wirklich interessanten Polemik gegenüber einem Prominenten, der sich als Schauspieler versucht (Oliver Pocher), legt sie ihren Finger aber auch in die Wunde des fragwürdigen Verhältnisses unserer Gesellschaft zum Schauspielerberuf.

Die Berufsbezeichnung „Schauspieler“ ist nun mal nicht geschützt. Sie kann es auch nicht sein, weil es viele Wege gibt, Schauspieler zu werden und gerade viele unserer Stars nicht den klassischen Weg über eine Schauspielausbildung gegangen sind. Dieser Beruf ist immer ein "Ritt über den Bodensee", jede Rolle ein Risiko, egal, wie fundiert man ausgebildet ist. Und auch ein Oliver Pocher könnte sich theoretisch als begabter Schauspieler erweisen. Ob die implizite Kritik an seiner Arbeit vor der Kamera berechtigt ist oder nicht, kann ich nicht beurteilen, weil ich den Film nicht gesehen habe, sie ist für uns auch nebensächlich.

Wofür ich aber dankbar bin, ist die Tatsache, dass Armgard Seegers die sinkenden Schauspielergagen und den fehlenden Respekt gegenüber diesem Beruf beklagt, der in ihrer Kritik gegenüber einem Prominenten mitschwingt, der (ihrer Meinung nach) offenbar glaubt, Schauspielerei sei keine Kunst und kein Beruf, sondern die bloße Tatsache, vor einer Kamera zu stehen. Auch die Sender werden damit indirekt kritisiert, weil statt seiner nicht ein „richtiger Schauspieler“ engagiert worden ist.

Nichtsdestotrotz trifft diese Kritik nicht den Kern des Problems, nämlich das fehlende Bewusstsein für die Notwendigkeit, echte Qualität angemessen zu bezahlen. Dass die fehlende Wertschätzung für unseren Beruf die Ursache ist, mag sein, aber das Problem ist weniger die eine oder andere Besetzungsentscheidung, sondern die konstante Weigerung der öffentlich-rechtlichen Sender, die Notwendigkeiten des Filmemachers zur Kenntnis zu nehmen, die in einer angemessenen finanziellen Ausstattung der Budgets besteht.

Darum mein Aufruf an alle Kritiker und Journalisten, die beim Sichten von Filmen ähnliche Beobachtungen machen wie Armgard Seegers: Bei aller auch verständlicher Lust an der Häme (vor der Kamera wird man nun mal zur Projektionsfläche und bündelt sowohl die Begeisterung für einen Film als auch dessen Ablehnung), wenn Euch wirklich an Qualität in Film und Fernsehen liegt, schließt Euch unseren Forderungen nach echter Bezahlung für echte Qualität an! Nur so kann sie entstehen. Und erst dann kann sich ein Bewusstsein dafür bilden, das dann auch die Grundlage für Besetzungsentscheidungen wird.