Produktionsbedingungen und eigene Interessen

Hans-Werner Meyer
17. Januar 2014
Copyright AlexSlocker
Copyright AlexSlocker

Das Spiel ist so alt wie bekannt: Ein Schauspieler erzählt in einem ausführlichen Gespräch mit einem Journalisten von den immer schlechter werdenden Produktionsbedingungen, überlangen Drehtagen, immer noch mehr gekürzten Drehzeiträumen, dem lieb- und respektlosen Umgang mit der kreativen Wertschöpfung der Filmschaffenden auf Seiten der Sender und von seiner Überlegung, aus einer lang laufenden Serie auszusteigen, um sich anderen Aufgaben zu widmen. Der Journalist bringt das in einen kausalen Zusammenhang, weil es ihm in seinem Kreuzzug gegen die öffentlich-rechtlichen Sender wunderbar in den Kram passt.

Die Wellen schlagen hoch, der Schauspieler wird von allen Kreuzüglern beglückwünscht, die das gelobte Land der reinen Fernsehunterhaltung vom Joch der öffentlich-rechtlichen Sender befreien wollen und sieht sich dem Hass der Sender-Söldner ausgesetzt.

Beides hat er nicht verdient. Er hat ja nur, wie es bei uns Schauspielern üblich ist, frei von der Leber weg gesprochen, im Vertrauen darauf, dass der Gesprächspartner, genau wie er, an der Verbesserung der Qualität unserer Filme und Serien interessiert ist.

Leider ist das nicht der Fall in diesem Krieg der Meinungen. Es gibt sie, sicher, es gibt sie auf allen Seiten, die aufrechten, leidenschaftlichen Liebhaber der guten Erzählkunst, die für sie brennen und dafür begeistern wollen, was sie begeistert. Aber leider sitzen in entscheidenden Positionen auf beiden Seiten der Front auch jene Karrieristen, die ihre eigene Agenda haben und den Meinungskrieg zur Profilierung der eigenen Position benutzen.

Eines dagegen wird es mit Sicherheit nicht geben: Den einen Befreiungsschlag, der aus den sklerotischen, schwer beweglichen, von vielen Partikularinteressen gelähmten Mammutsendern zwei deutsche HBOs macht. Wir leben in Deutschland, das Land, in dem man selbst auf dem Weg zur Revolution noch eine Fahrkarte löst. Unsere Stärke ist, das mag man bedauern oder bewundern, die Überwindung der Partikularinteressen durch Konsens und, bestenfalls, Reform.

Aber ohne die Revolutionäre, die wahren, die von ihrer Sache durchdrungenen Wahnsinnigen, die Don Quichottes des Erzählfernsehens gäbe es nur angstgetriebenen Stillstand. Deshalb an dieser Stelle, trotz aller medial bedingten Missverständnisse: Danke, Bjarne!