Wer sind wir Schauspieler? Wer der Verband? Strategietreffen des BFFS

BFFS Geschäftsstelle
5. Juni 2007
Ist Zustand des BFFS
Ist Zustand des BFFS
Strategietreffen des BFFS
Strategietreffen des BFFS

Am Wochenende des 24. und 25. 3. trafen sich BFFS Vorstand und Gäste zum Strategietreffen in der Filmakademie.

Wir brauchen eine Strategie, die uns Richtung und Orientierung in der Verbandsarbeit gibt und uns für andere einschätzbar und berechenbar macht. Ein strategischer Leitfaden schützt uns vor Aktionismus und Schnellschüssen und unterstütz unser Bemühen als verlässlicher Partner ernst genommen zu werden.

Sinn und Zweck dieses Treffens war es deshalb, von den drei wesentlichen Fragen – Was ist? Was soll sein? Wie kommen wir vom Ist zum Soll? – die ersten beiden Fragen zumindest anzureißen, um auf Grundlage dieser Datensammlung und deren Zuordnung eine solide Strategie entwickeln zu können, die wesentlich dazu beiträgt zukunftstaugliche Ziele zu formulieren und flexibel genug für notwendige Veränderungen zu sein.

Teilnehmer an diesem Strategiewochenende waren vom Vorstand, Michael Brandner, Heinrich Schafmeister, Hans-Werner Meyer, Antoine Monot, Jr. sowie die Geschäftsführung, Dagmar Kempf.

Als Gäste haben die BFFS Mitglieder Magdalena Ritter, Karin David, Floriane Daniel und Dominic Raacke teilgenommen.

Der 1. Tag

Am ersten Tag beschäftigten wir uns mit der Frage des IST-Zustandes:
Wer sind wir? Was ist der IST-Zustand von uns Schauspielern? Was ist der IST-Zustand unseres Verbandes?

IST-Analyse:

Wer sind wir?
Zu Beginn habe wir Bereiche, in denen Schauspieler arbeiten, aufgezählt und eine Definition des Schauspielerberufes versucht:

Schauspieler sind Menschen, deren Beruf es ist, Rollen zu verkörpern.

Schauspieler arbeiten in Bereichen Theater, Film, Fernsehen, Synchron, Hörspiel, Musiktheater, Tanz, Kleinkunst. Sie sind auch tätig als Moderator, machen Lesungen, sind Sprecher bei Nachrichten und Features, sie machen Werbung und arbeiten auch als Model.
In alle diesen Feldern betätigen sich Schauspieler, weil sie Schauspieler sind, aber nicht alle, die in diesem Bereich arbeiten sind automatisch Schauspieler.

IST-Zustand von uns Schauspielern
Wir haben Daten gesammelt und diese dann in „harte“ und „weiche“ Themen unterschieden.

Zu den harten Themen gehört, dass unser sozialer Schutz und unser Arbeitsschutz gefährdet sind. Es herrscht rechtliche Unklarheit und unberechenbare Beschäftigungsverhältnisse, auch durch unseren ständigen Wechsel von Arbeitsverhältnissen und Orten, bei denen hohe Flexibilität gefordert ist. Unsere Gagen sind sehr unterschiedlich und wie beim ZDF, an einen Gagenindex gebunden. Unsere Außenwelt (auch Kollegen am Set) begreift Schauspielern nicht als Handwerk, weshalb das Thema „Vorbereitung“ häufig nur als Textlernen begriffen wird.

Auf der anderen Seite stehen die „weichen“ Themen, die nicht wirklich weich sind. Prägen sie doch ganz wesentlich unser Berufsleben und darüber hinaus. Uns Schauspielern mangelt es an Problembewusstsein bezüglich der oben genannten Tatsachen, wir sind oft ahnungslos und sind dadurch in eine selbstverschuldete Unmündigkeit gelangt. Erschwerend kommen unser Einzelkämpfertum hinzu und die Neigung sich irgendwie durch zuwurtscheln, zum Beispiel durch den Sozialversicherungssumpf.

Durch unsere bereits erwähnt flexiblen Berufsanforderungen wird unser soziales Umfeld ständig unterbrochen und schneidet uns so nur all zu oft von sozialen Zusammenhängen ab. Die Folge davon ist eine häufig fehlende Distanz zum eigenen Werk und Wirken, ein gewisser Dünkel aber auch Narrenfreiheit und nicht immer ein positives Berufsansehen. Wir muten uns  hin und wieder eine lustvolle Demontage durch Neid und Missgunst zu und lassen es an Solidarität untereinander vermissen. Uns fehlt noch das WIR-Gefühl und eine deutlichere Einordnung in die Gesellschaft, in der wir leben.

In unserer Auflistung und Zuordnung des IST-Zustandes von uns Schauspielern kamen wir aber auch dazu, zu sagen:
Wir haben einen interessanten Beruf! Ja, er bringt uns manchmal durchaus einige Privilegien, die sich nach Begehrtheit und Marktwert richten und zu Sozialneid im beruflichen Umfeld und Gesellschaft führen. (Wieso wollen die Arbeitslosengeld). Wir neigen dazu, das in der Öffentlichkeit bestehende Image des Schauspielers (Roter Teppich) unwidersprochen zu lassen, also dieses Image anzunehmen und soziale Schieflagen nicht anzusprechen.
Und schon ist ein weicher Faktor ein sehr harter.

Der IST-Zustand unseres Verbandes (siehe auch Bild am Anfang dieser News)
Wir sind mittlerweile nach einem Jahr Bestehen 680 Mitglieder. Wir haben 4 Vorstände, eine Geschäftsführerin und 2 Anwälte, die unsere Interessen nach innen und aussen vertreten. Unser Büro befindet sich noch in der Deutschen Filmakademie. Wir kommunizieren über unsere Internet-Plattform und mittels Newsletter. Wir treffen uns auf Mitgliederversammlungen und Informationsveranstaltungen. Es gibt zwei Stammtische, in Berlin und Köln, von Mitgliedern initiiert. Wir haben regen Kontakt hin zur Politik und zu anderen Verbänden und zu Initiativen, wie der Urheberinitiative. Wir haben mit PR Arbeit begonnen. Wir stellen fest, dass viele unserer Mitglieder bekannter sind als der Verband, dass das interne Forum als Diskussionsforum nicht wirklich rege genutzt wird, dass ein hoher Zeitaufwand für „Einzelfallbetreuung“ besteht und dass wir mittlerweile ca. 20 Mitglieder haben, die sich aktiv an der Verbandsarbeit beteiligen. Die Mehrzahl unserer Mitglieder, nämlich 73 % zahlen den jährlichen Standardbeitrag, gefolgt von 15 % Extra und 12% den Premiumbeitrag. Alle sind sich einig, dass der Arbeitsaufwand größer ist als vorher angenommen.

Stärken-Schwächen-Analyse:
Unsere Stärken sind zum einen die flache Hierarchie und die dadurch mögliche unmittelbare Kommunikation und Reaktionsfähigkeit. Wir sind keine Vereinsmeier, die sich in eitlen Unwägbarkeiten verlieren. Wir sind neu,  und somit unverbraucht und haben die Chance, mit jedem in Kontakt zu kommen, weil wir eben noch kein jahrzehntelanges Verbandsimage aufgebaut haben (Im positivem wie negativen). Wir haben einen gewissen „Welpencharm“ und durch unsere bekannten Mitglieder ein hohes PR-Potential. Viele von uns sind erfahren im Auftreten. Die Einsicht in die Notwenigkeit eines Schauspielerverbandes zeigt auch das Bedürfnis nach Gemeinschaft. Der BFFS ist der größte reine Schauspielerverband in Deutschland, und das nach einem Jahr Bestehen.

Unsere Schwächen liegen aber auch darin, dass wir weder Verbandserfahrung haben noch wissen, wie Lobbyarbeit geht. Auch Managementerfahrung geht uns ab und unsere Strukturen müssen ausgebaut werden. Uns fehlt es an inhaltlicher Kompetenz, wir stellen oft Bequemlichkeit fest (Beteiligung an der Umfrage, Einstellung des eigenen Fotos). Wir brauchen mehr Mitglieder auch noch mehr bekannte Kollegen um unsere Ausgaben decken zu können.

Der 2. Tag

SOLL-Zustand/Was soll sein
Wir möchten mehr Mitglieder für unseren Verband gewinnen und auch mehr aktive Mitglieder, die sich gemeinsam mit anderen Mitgliedern einer Aufgabe annehmen. Wir wollen, dass die Verbandsarbeit eine befriedigende Beschäftigung mit einer komplizierte Materie ist und keine lästige Pflicht. Wir wollen die Regeln mitgestalten bei der Sicherung des sozialen Schutzes, bei der Wahrung unserer Urheber- und Leistungsschutzrechte und wir wollen und müssen uns um das weite Feld der Arbeitsbedingungen kümmern.

Wir möchten unser Berufsethos definieren und somit Qualitätsstandards schaffen. Die politische Kompetenz unserer Mitglieder soll verbessert werden. Wir wollen unsere Verantwortung für die gesamte Filmbranche gerecht werden und die Kompetenz der Mitgliederbezüglich ihrer Rechte und auch ihrer Pflichtensteigern. Wir müssen uns über das Gagengefüge kompetent und selbstbewusst äußern.

Und: wir sollen ein WIR-Gefühl haben, ein Zugehörigkeitsgefühl zu unserer Berufsgruppe und darüber hinaus zu der Gesellschaft, in der wir leben.

Daraus ergeben sich folgende Ziele

1. Sicherung des sozialen Schutzes:
Wir wollen am sozialen Schutz teilhaben und dazu beitragen
Herstellung einer sozialen Gerechtigkeit für unsere Berufsgruppe

Wir möchten eine realistische Möglichkeit Arbeitslosengeld 1 zu beziehen und unsere Rente, Berufsunfähigkeit und Erwerbsunfähigkeit sichern. Das bedeutet, wir brauchen ein fristenunabhängiges Sozialversicherungssystem um zu verhindern, dass wir in Hartz 4 abrutschen und aus unserem Beruf vertreiben werden. Wir streben die Schaffung eines Gesetzes an, wonach Schauspieler grundsätzlich nicht zu „Unständigen“ gehören.

Gemeinsam mit unseren Arbeitsgebern möchten wir Rechtssicherheit schaffen hinsichtlich unserer Sozialversicherungszeiten und sie darin unterstützen, die rechtmäßigen Sozialbeiträge in den Kalkulationen mit Sendern einbezogen zu bekommen.
Gegenüber den Sozialversicherungsträgern wollen wir die Zuordnung der Sozialbeiträge bei Nachzahlungen gewährleisten und ein effektives und transparentes Überprüfungssystem der Gesamtsozialabgaben erreichen. Unsere Zusammenarbeit mit den Pensionskassen soll die Beitragsehrlichkeit der Arbeitgeber sicherstellen.

2. Wahrung unserer Urheber-Leistungsschutzrechte
Sollte sich die Gesetzesnovellierung des Urheberrechtes, genannt "Korb 2“, durchsetzen, werden sich die zu erwartenden GVL-Bezüge durch die Reduzierung der Gerätevergütung und Leermittelabgabe halbieren. Gemeinsam mit der Urheberinitiative, einem Zusammenschluss verschiedener Verbände und ver.di wollen wir das verhindern und das „buy out“ modifizieren. Denn das derzeitige totale buy-out verringert angesichts der immer größer werdenden Vervielfältigungs- und Verwertungsmöglichkeiten faktisch unser Einkommen.

3. Arbeitsbedingungen
Das Thema „ Arbeitsbedingungen“ ist sehr umfangreich und muss von uns, ebenso wie die Themen Urheberrecht und vor allem Sozialversicherung, mehr im Mittelpunkt unserer Verbandsarbeit stehen.

Wir wollen beispielsweise innerhalb der Mitglieder klären, ob wir in Zukunft unsere Gagen dem freien Markt überlassen wollen oder nicht.
Unser Ziel muss auch die Einhaltung der „guten Sitten“ sein, wie zum Beispiel Vertragstreue – auf beiden Seiten.
Mittelfristig möchten wir einen BFFS-Mustervertrag erarbeiten, welcher der Branche als Orientierung für korrekte Verträge dient.

4. Mitgliederakquise
Wir möchten viel mehr Mitglieder haben. Unser ehrgeiziges Ziel lautet: 1300 Mitgliede bis Ende des Jahres. Wir bitten alle Mitglieder um Mithilfe!  Wir wollen weitere prominente Kollegen und weitere aktive. Wir glauben, dass das gut für die Außendarstellung unseres Verbandes ist.

5. Berufsethos
Und hier, liebe Mitglieder, ist uns buchstäblich nach einem arbeitsintensiven aber schönen Wochenende einfach die Luft ausgegangen.
Aber wir werden hier weiter machen – wir müssen und wir wollen!

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