„Arbeitslosengeld 1, die Erste“

BFFS Geschäftsstelle
20. Mai 2009

Berlin, 20.05.2009

Endlich ist es soweit. Der Gesetzgeber hat sich entschlossen, eine der vielen Benachteiligungen der kurz befristet Beschäftigten ein wenig abzumildern. Heute stimmte das Kabinett dem 9. SGB III-Änderungsgesetz zu, so dass der Bundestag noch bis zum Ende der Legislaturperiode diese wichtige Weichenstellung verabschieden kann. Das Gesetz besagt: Kurz befristet Beschäftigte wie z. B. Film- und Fernsehschaffende können unter bestimmten Bedingungen schon nach einer 6-monatigen Anwartschaftszeit innerhalb der 2-jährigen Rahmenfrist Arbeitslosengeld 1 beanspruchen. Damit reagiert der Gesetzgeber auf die Ungerechtigkeit, dass Kulturschaffende zwar Höchstbeiträge in die Arbeitslosenversicherung einzahlen müssen, auf Grund ihrer kurzen zweckbefristeten Beschäftigungen aber die 12-monatige Anwartschaftszeit kaum erfüllen und den Arbeitslosengeld-1-Anspruch nicht erwerben können.

Der Erfolg des BFFS.

arbeitslosengeld-1-die-ersteFür diesen Sinneswandel der Politik haben sich viele Verbände und Gewerkschaften in der Film- und Fernsehbranche eingesetzt. Aber der Bundesverband der Film- und Fernsehschauspieler (BFFS) musste und konnte eine Hauptrolle spielen. Schauspieler agieren vor der Kamera, sind „berühmt″ und damit in der Pflicht, ihren Bekanntheitsgrad nicht nur für ihre Interessen, sondern auch für die Belange ihrer Teamkollegen hinter der Kamera einzusetzen. Als größter Berufsverband der Schauspieler und der Film- und Fernsehschaffenden insgesamt ist der BFFS seiner besonderen Verantwortung gerecht geworden. Dank seiner vielen und prominenten Mitglieder fand der BFFS in der Öffentlichkeit und bis in die Spitze der Politik reichlich Gehör und konnte auf die ungerechten Auswirkungen der sozialen Gesetzgebung im Kulturbereich am deutlichsten aufmerksam machen.

In der Vergangenheit hatte sich die politische Diskussion verkrampft.

Die einen forderten spezielle Sonderlösungen für Künstler, die anderen wollten die Rückkehr zur alten 3-jährigen Rahmenfrist für alle Beschäftigten. Sie fürchteten eine Sonderbevorzugung der Künstler, die verfassungsrechtlich bedenklich sei, und scheuten den bürokratischen Aufwand, Künstler von Nichtkünstlern unterscheiden zu müssen. Aber mit der Rückkehr zur alten Rahmenfrist alle über einen Kamm zu scheren, bemängelte das andere Lager, wäre nicht nur unbezahlbar, sondern für die betroffenen Kulturschaffenden ungerecht und nutzlos. Die Union und die Sozialdemokraten blockierten sich gegenseitig, die Zeit verstrich und nichts geschah.

Mit dieser verfahrenen Situation wollte sich der BFFS nicht abfinden.

In zahlreichen Treffen mit Spitzenpolitikern - Andrea Nahles, Olaf Scholz, Franz Müntefering, Bernd Neumann - ist es dem BFFS gelungen, eine Wende herbeizuführen. Nun forderte z. B. Franz Müntefering im Koalitionsausschuss eine Lösung, die Frank-Walter Steinmeier unterstützte und Olaf Scholz akzeptierte. Bernd Neumann und viele Unionspolitiker machten sich schon lange dafür stark. Das Eis war gebrochen.

Das kommende Gesetz trägt die Handschrift des BFFS.

Inhaltlich hat der BFFS darauf gedrungen, nicht ein Gesetz für Künstler, sondern einen Nachteilsausgleich für kurz befristet Beschäftigte zu schaffen. Denn die Gründe für die Benachteiligung liegen weniger im Künstlerdasein, als in der permanenten kurzen Befristung der Beschäftigungen. Außerdem hat der BFFS zusammen mit dem Regieverband bei einem Treffen mit dem Bundesminister für Arbeit uns Soziales, Olaf Scholz, empfohlen, entsprechend der alten Saisonarbeiterregelung die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes im Verhältnis 1 zu 2 zur erfüllten Anwartschaftszeit zu setzen. Beide Anregungen des BFFS sind letztendlich im 9. SGB III-Änderungsgesetz eingeflossen.

Der BFFS kritisiert die Mängel des Gesetzes.

So wichtig das Signal ist, das die Politik in die Kulturlandschaft sendet, so restriktiv sind die Beschränkungen der neuen Regelung. Der Gesetzgeber hat offensichtlich Angst vor seiner eigenen Courage. Denn nur diejenigen, die ihre 6-monatige Anwartschaftszeit überwiegend mit Beschäftigungen erfüllen, die nicht länger als 6 Wochen dauern, und zudem im letzten Jahr nicht mehr als 30.240 € sozialversicherungspflichtig verdient haben, sollen durch das neue Gesetz einen Anspruch auf Arbeitslosengeld 1 erhalten.

Die meisten in der Filmbranche und in der Theaterlandschaft arbeiten länger als 6 Wochen und viele verdienen dabei mehr als 30.240 €. Sie alle zahlen in die Arbeitslosenversicherung ein, werden aber vom neuen Gesetz ausgeschlossen. Das bleibt ungerecht! Und trotzdem:

Der BFFS macht sich stark für dieses schwache Gesetz, weil es zumindest die Schwächsten unter uns stärkt.

Denn nun schließt sich langsam der Kreis: Am 7./.8. Mai 2008 haben auf Veranlassung des BFFS die verantwortlichen Sozialversicherungsträger Rechtssicherheit geschaffen, über welche Zeiträume Film- und Fernsehschauspieler nach geltender Gesetzeslage korrekt versichert werden müssen - nicht nur an den Drehtagen wie in der Vergangenheit, sondern viel durchgehender! Jetzt hängt die Politik die Hürde für kurz befristet Beschäftigte niedriger. Beide Schritte werden einige unserer Schauspieler vor Hartz 4 bewahren. Aber auch manche vom Team werden wieder Arbeitslosengeld 1 bekommen.

Der BFFS kämpft weiter.

Im Film bilden viele kleine „Takes″, die einzeln gedreht werden, eine fertige Szene. Die Politik redet vom Bohren dicker Bretter und scheint in ähnlichen Trippelschritten vorzugehen. Das 9. SGB III-Änderungsgesetz könnte noch im weiteren parlamentarischen Prozess „reifen″, bevor es am Ende der Legislaturperiode hoffentlich beschlossen wird. Aber auch danach wäre es nicht in Beton gegossen. Es soll auf 3 Jahren befristet und in dieser Zeit überprüft werden - glücklicherweise. Das bietet dem BFFS viele Chancen, Schritt für Schritt weitere Nachbesserungen zu erkämpfen.

„Arbeitslosengeld 1, die Erste″ ist im Kasten,

nun drehen wir „Arbeitslosgeld 1, die Zweite″ und so weiter...

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