Unsere Vorgängerin: Die BFF (1965 - 2001)

Heinrich Schafmeister
24. Dezember 2009

Was klingt wie ein lustiger Zufall ist nur ein Beweis für die Notwendigkeit eines starken Schauspielerverbandes: Der BFFS - Die Schauspieler („Bundesverband der Film und Fernsehschauspieler“) hat eine Vorgängerin, die fast genau so hieß, nämlich die BFF „Berufsgruppe Film, Fernsehen“ (vorher „Bühne, Film, Fernsehen“), die der DAG (Deutsche Angestellten Gewerkschaft) angehörte. Wir freuen uns, kurz vor Weihnachten noch das Glück gehabt zu haben, Kontakt zu dem langjährigen Vorstandsmitglied Rolf Jahncke herstellen und ihn als Ehrenmitglied gewinnen zu können. So haben wir wertvolle Informationen über unsere Vorgängerin, die BFF, über ihre Erfolge und auch die Probleme, die sich für sie durch das Eingebundensein in eine große Gewerkschaftsstruktur ergab. Hier ein kurzer Abriss über das Wirken des BFF (aufgezeichnet aus dem Gedächtnis von Rolf Jahncke):

Chronologie einer Sisyphusarbeit…
…bezüglich des Versuches, Schauspieler einzubinden in Errungenschaften, die jedem normalen Werktätigen zustehen

Von Rolf Jahncke
Ehrenmitglied Rolf Jahncke (* 1923)

Um niemanden zu verprellen, möchte ich erklären, dass dies alles Gedächtnisprotokolle sind, die fehler- und lückenhaft sein können.

Nach 15 Jahren Tätigkeit als Schauspieler und Regisseur in Süddeutschland – Hauptwohnsitz Stuttgart – engagierte mich 1964 Hans Fitze an sein „Altonaer Theater“. Wie die meisten Kolleginnen und Kollegen hatte ich bald auch gut bei Film und Fernsehen zu tun, denn in meiner Geburtsstadt Hamburg wurde viel gedreht, nur die Tagesgagen waren weniger erfreulich. Sie lagen je nach Bekanntheitsgrad zwischen 350 und 700 DM. Diese mussten so versteuert werden, als wenn man das jeden Tag verdienen würde.

Die Anfänge

Die GDBA als einzige existierende Bühnenschauspielergewerkschaft sah sich außer Stande, auch für Filmschaffende tätig zu werden. Da kam auf einer Kollegenversammlung im damaligen Jungen Theater in der Marschnerstr. die DAG auf uns zu und bot an, eine extra Berufsgruppe nur für Film- und Fernsehschaffende zu gründen. Fast alle Kolleginnen und Kollegen traten bei und die BFF entstand.

Es ergaben sich 4 Betreuungsbereiche: Nord (Sitz Hamburg), Süd (Sitz München), West (Sitz Köln/Düsseldorf) und Berlin (damals nur Westberlin). In jedem Bereich gab es einen Vorstand, aber da der Vorsitzende alleine nicht alles schaffen konnte, kamen eben noch ein oder mehrere Vorstandsmitglieder (Stellvertreter) dazu. Alle zusammen bildeten den Bundesvorstand, der einen eigenen Bundesvorsitzenden hatte. Das war dann die längste Zeit über Jürgen Scheller, von uns scherzhaft „Großer Vorsitzender“ genannt.

In München kamen in den Vorstand u.a. Holger Hagen, Immy Schell, Gisela Groth usw., in Berlin Ekkerhard Fritsch, kurzfristig Günter Pfitzmann u.a., in Hamburg anfangs Alexander Welbat, Werner Schumacher, Karin Lieneweg u.a. Ich war im Vorstand und hatte den Stammtisch im Landsknecht organisiert.

Schumacher und Lieneweg machten durch starke Öffentlichkeitsarbeit die BFF bald bei Produzenten, Politikern und anderen relevanten Gruppen bekannt. Einige Zeit später aber hörten die Drei auf und bei einer Wahl kam ich an die Spitze des Betreuungsbereiches Nord. Und so auch in den Bundesvorstand. Dort leistete Holger Hagen als Generalsekretär wertvolle Vorarbeiten.

Bundesvorsitzende wechselten schnell, bis bald Jürgen Scheller gewählt wurde und dieses Amt bis zu seinem Tode behielt. Er war ein Glücksfall, denn seine Bekanntheit öffnete fast alle Türen, gerade diejenigen, die für uns so wichtig waren. Leider wurde seine witzige Art, die oft als schnodderig empfunden wurde – nun, er war Potsdamer – von Politikern nicht immer goutiert, so baten wir ihn oft, engere Verhandlungen uns zu überlassen.

Alles was ich schreibe, soll nicht so klingen, als hätte ich es alleine gemacht. Immer wurden die anderen Vorstandskollegen zu Rate gezogen, der hauptamtliche Sekretär, Stefan Meuschel, leistete wertvolle Arbeit und Hilfe. Nur habe ich viele Verhandlungen geführt und teilweise die Ergebnisse unterschrieben. Solche schwerwiegenden Aufgaben kann man nur in „Teamarbeit“ wirklich erfolgreich zum Abschluss bringen.

 

Die Erfolge

Nun zu den Erfolgen, von denen ich nur drei nennen will:

Castinggeld
In Hamburg gab es in den 60er und 70er Jahren sehr viele Werbefilm-Firmen. Einige wenige zahlten für ein Casting bis zu 100 DM, andere keinen Pfennig. Das verdross die Zahlenden, denn sie konnten sich nur wenige Bewerber kommen lassen. Die anderen aber jede Menge. Klugerweise hatten die Firmen keinen Produzentenverband gegründet, so musste ich mit jeder Firma einzeln verhandelt. Der entstandene Kompromiss brachte für alle Kolleginnen und Kollegen ein Castinggeld von 50 DM, abzüglich Steuer und es entstand die allseits berühmte Summe von 47 DM plus einigen Pfennig, die sofort ausbezahlt wurden. So viel ich weiß, wird heute kein Geld mehr bezahlt.

Künstlersozialversicherung
Der zweite Punkt war, bessere Versicherungen zu schaffen, und dies in Verbindung mit vielen anderen Künstlervertretungen. Es fanden sich zusammen z.B. Maler, Musiker, freie Journalisten, Schriftsteller und viele weitere. Leider ging die sozial-liberale Koalition ihrem Ende entgegen, so wurde das „KSVG“ (Künstlersozialversicherungsgesetz) nicht ganz so, wie wir es gerne gehabt hätten, aber in Bonn sagte man uns, dieses oder keines, denn die CDU will es nicht. Also unterschrieben wir. Ich habe alleine mit dem 1. Direktor der Künstlersozialkasse, Herrn Hartleb, in Wilhelmshaven in einem leeren Haus diese Kasse mit eingerichtet. Auch habe ich in Hamburg zwei Großveranstaltungen organisiert, in denen Herr Hartleb allen anwesenden Künstlern das Gesetz erklärte. Wie auch immer, es existiert noch.

Die Grüne Karte
Als Drittes; Die Abrechnung von Tagesgagen nach Tagestabelle war ein Unding. In Verhandlungen mit dem Finanzministerium erreichte ich die Verfügung, dass Tagesgagen nach Monatstabelle abgerechnet werden, kommen in dem Monat weitere Engagements hinzu, werden sie dem Monatseinkommen zugeschlagen. Das ließ ich auf ein scheckkartengroßes grünes Faltblatt drucken und jeder/jede trug es bei sich und legte es den Produktionen vor. Die „grüne Karte“ war bei den Produzenten bald ein Schrecken, so setzten sie alles daran, die Verordnung wieder zu Fall zu bringen. Wahrscheinliche Begründung: Unzumutbarer Mehraufwand an Abrechnung usw., bis zur Behauptung, man habe dafür zusätzlich eine Sekretärin einstellen müssen. Nach wenigen Jahren war die Herrlichkeit für uns vorbei. Wie es heute ist, weiß ich wie gesagt nicht.

Paul Klinger (* 1907 † 1971)
Paul Klinger (* 1907 † 1971)

Da innerhalb der DAG auch viele andere künstlerische Fachgruppen existierten, schlossen wir uns zu der großen Berufsgruppe „Kunst und Medien“ zusammen. Fortan bestand der erweiterte Bundesvorstand aus 20 – 30 Personen. Zu den Schauspielern kamen Redakteure/innen aus den Funkhäuser, Tonmeister u.a, aus der Druck- und Pressewelt alle relevanten Gruppen und so weiter. Einer der aktivsten Streiter für die Rechte der Schauspieler war unser großer Kollege Paul Klinger, der im November 1971 bei einer Gewerkschaftstagung mitten während einer fulminanten Streitrede mit einem Herzinfarkt zusammen brach. Wenig später starb er dann. Ihm zu Ehren gründeten wir den Paul-Klinger-Verein, der sich um die sozialen Belange der Künstler kümmerte, aber auch jedes Jahr den Paul-Klinger-Preis an verdiente Persönlichkeiten verlieh, die sich für die Belange der Künstler eingesetzt hatten. Jürgen Scheller war auch da der erste Vorsitzende. Nach Ende der DAG blieb der Verein selbständig weiter bestehen unter dem neuen Namen: Paul-Klinger-Sozialwerk. Damals half der Rentenfachmann Georgwilhelm Burre allen interessierten Kollegen und Kolleginnen bei der Rentenberechnung oder dem Antrag auf Rente. Alles kostenlos, versteht sich.Vorstandssitzungen des Gesamtvorstandes fanden nur im Abstand von jeweils einigen Jahren statt, aber die einzelnen Fachgruppen tagten für sich regelmäßig.

BFF (1965 - 2001)
BFF (1965 - 2001)

Nur hatten wir das Glück, dass die DAG der Berufsgruppe Gelder zur Verfügung stellte, so dass wir Reise und Unterkunft nicht selbst tragen mussten. Der große Bereich Bildung, das DAG-Bildungswerk usw. waren natürlich willkommenen Hilfen, eben auch finanzieller Art.Leider musste die DAG 2001 aufgeben, damit war alles zu Ende und ich habe alle Ehrenämter aufgegeben und alle Unterlagen, die mehrere Aktenordner füllten, vernichtet. Was sollte ich noch damit?

Nun bin ich mit 86 zwar immer noch gerne dabei, wenn es gilt zu helfen, aber aktiv kann und will ich nicht mehr werden. Der kürzliche Kampf um leichteren Zugang zum Arbeitslosengeld wurde erfreulicherweise noch von der „großen Koalition“ positiv beendet. Hoffentlich bleibt es dabei!