Ein Sieg für die Schauspieler

Heinrich Schafmeister
18. Mai 2012

Die GVL-Beiratswahl 2012

Am Dienstag, den 15. Mai sind fast 400 Schauspieler dem Aufruf des BFFS und anderer Verbände gefolgt und gaben ihr Votum bzw. sind zur GVL-Beiratswahl erschienen. Die massenhafte Präsenz der Schauspieler war eine überdeutliche Demonstration ihres Unmutes und rückte ihre zentrale Forderung machtvoll in den Vordergrund: Schauspieler beanspruchen mehr als nur einen von insgesamt 24 Beiratssitzen – sonst kann das Vertrauen der Schauspieler in die GVL nicht zurück gewonnen werden. Mit 343 Stimmen wurde Thomas Schmuckert (BFFS) zum Beirat und mit 50 Stimmen Frank Röth zu seinem Stellvertreter im Bereich „Schauspieler und künstlerisch Vortragende“ gewählt. Unser Stammtischpate Florian Stiehler berichtet…

So sieht das also aus, wenn Schauspieler sich einsetzen, wenn sie ihre Zwistigkeiten überwinden und zusammenhalten, weil sie ein gemeinsames Ziel haben: Wir wollen, dass die Fehler, die bei der Ausschüttung 2010 gemacht wurden, korrigiert werden und sich in Zukunft nicht wiederholen. Wir wollen offene und ehrliche Informationen von der GVL. Und wir wollen einen wirklichen Einfluss auf die Entscheidungen der GVL gewinnen. Aber von vorne:

Noch nie waren so viele Berechtigte bei einer GVL-Versammlung erschienen und noch nie waren es so viele Schauspieler – viel mehr als alle anderen Teilnehmer zusammen. Das überstieg alle Erwartungen. Es gab Fahrgemeinschaften aus Köln und Hamburg. Die Mitarbeiter der GVL an ihren Computern waren mit der Anmeldung hoffnungslos überfordert. Es bildeten sich Schlangen, die durch das komplette Erdgeschoss des Intercontinental in Berlin reichten. Julia Effertz, Karl Hemeyer und ich versuchten die an die Geschäftsstelle des BFFS gemailten Vollmachten zu verteilen, die dazu berechtigen sollten, dass man neben seiner eigenen Stimme auch noch die Stimme eines Kollegen abgeben durfte, der nicht da sein konnte.Allerdings brach auch bei uns teilweise das Chaos aus. Immer wieder kamen BFFSler zu uns, deren Vollmacht nicht anerkannt wurde oder die in eine andere Schlange geschickt wurden. Ich bin begeistert davon, wie bereitwillig sich unsere Mitglieder immer wieder in andere Schlangen stellten, in denen sie jeweils bis zu 60 Minuten warten mussten. Unsere Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt. Am Ende wurden die meisten Vollmachten akzeptiert. Dafür möchte ich allen BFFS-Mitgliedern danken, die wieder einmal bewiesen haben, dass wir gemeinsam viel erreichen können.

Die ganze Veranstaltung begann dann mit ca. 90 Minuten Verspätung. Gleich zu Beginn ging es hoch her und man merkte, dass dies keine „normale" Berechtigtenversammlung werden würde. Die Vertreter der GVL hatten sichtlich Mühe, die Versammlung einigermaßen reibungslos durchzuführen. Lange mussten wir warten, bis die Wahl des Beirats der „Schauspieler und künstlerisch Vortragenden" anstand, wo unser Vorstandsmitglied Thomas Schmuckert kandidierte.

Um Thomas Schmuckert zu unterstützen, hatte der Interessenverband der Synchronschauspieler (IVS) eine große Geste der Solidarität gesetzt und auf eine erneute Kandidatur seines Vertreters Roland Hemmo verzichtet. Überhaupt herrschte unter den verschiedenen Schauspielerverbänden und den konkurrierenden Kandidaten ein wohltuender, respektvoller Ton.

Frank Röth, der aussichtsreichste Mitbewerber, kritisierte in seiner Bewerbungsrede das ARTSYS-System und widersprach der Auffassung des BFFS, dass die Anzahl der Drehtage ein aussagekräftiges Kriterium sei, Rollen in große, mittlere und kleine einzuteilen. Er warb für sich, aber fand auch anständige Worte für Thomas Schmuckert und sein Engagement.

Weil dieser wegen Dreharbeiten nicht anwesend sein konnte, vertrat ihn Heinrich Schafmeister, der seine Wahlrede hielt. Es war eine emotionale und mitreißende Rede, in der Heinrich Schafmeister deutlich machte, dass die Kommunikationspolitik der GVL, was das Ausschüttungsdebakel für das Jahr 2010 betrifft, inakzeptabel sei, dass die Schauspieler deutlich mehr als nur einen Vertreter im Beirat bräuchten und dass die Verteilungsfehler unbedingt korrigiert werden müssten. Vor allem aber beschwor er eine Solidarität unter allen Schauspielern und Synchronschauspielern und dass man gemeinsam an einem Strang ziehen müsse.

Es gab in dem Bereich „Schauspieler und künstlerisch Vortragende" immerhin neun Kandidaten; viel mehr als in den meisten anderen Bereichen. Im Bereich „Veranstalter“ zum Beispiel gab es nur einen Kandidaten, der mit zwei Stimmen in den Beirat gewählt wurde.

Wir waren sehr froh, als unser Wunschkandidat, Thomas Schmuckert, mit 343 Stimmen gewählt wurde. Frank Röth erhielt 50 Stimmen, wurde somit Stellvertreter und würde Thomas nachfolgen, falls er während seiner Amtszeit seinen Beiratsposten – aus welchen Gründen auch immer – abgeben würde.

Ich musste die Veranstaltung nach fünfeinhalb Stunden verlassen, da stand gerade erst Tagungsordnungspunkt zwei, der Bericht zur Lage der GVL, an. Tagesordnungspunkt eins, die Wahl des Beirats, hat über fünf Stunden gedauert, was an dem verspäteten Beginn und an den vielen Wortmeldungen der Mitglieder lag, in denen sich vor allem Unmut und Unverständnis über die GVL-Politik des letzten Jahres ausdrückte.

Hoffentlich stehen den Schauspielern einschließlich der Synchronschauspieler bald mehr als nur ein Beiratssitz zur Verfügung. Bis dahin wird Thomas Schmuckert alleine die Belange aller Schauspieler, die bei dieser Veranstaltung so vorbildlich zusammengehalten haben, vertreten. Dafür wünsche ich ihm eine glückliche Hand!

Auf jeden Fall ist es ein gutes, hoffnungsvolles und starkes Gefühl, was die GVL-Versammlung bei mir hinterlassen hat.

…So weit der Bericht von Florian Stiehler.

Zum Schluss der GVL-Veranstaltung, zur Aussprache, wies der BFFS noch einmal auf einen zentralen Aspekt hin:

Das ARTSYS-System steht auch deshalb unter massivem Beschuss, weil der GVL es nicht ausreichend gelungen ist, die Berechtigten von der Notwendigkeit und der Unumgänglichkeit der Systemumstellung zu überzeugen. Das entstandene Misstrauen ist ein entscheidender Geburtsfehler. Warum musste die GVL von dem unbürokratischen honorarbasiertem System auf ein kompliziertes nutzungsorientiertes wechseln?

Die GVL sagt, die Umstellung sei nicht freiwillig geschehen, ihr altes System sei einzigartig und nicht kompatibel mit denen der europäischen Schwestergesellschaften gewesen, diese hätten deswegen bereits eine Beschwerde hinterlegt, die EU-Kommission habe Druck gemacht und die GVL hätte auf absolut verlorenem Posten gestanden.

Die GVL gibt auch zu verstehen, dass es zu weiteren erheblichen finanziellen Nachteilen in Form von Regressansprüchen für sie und damit ihrer Berechtigten geführt hätte, wenn sie erst nach einer offiziellen Beschwerde der Schwestergesellschaften bzw. wenn sie erst auf offizielle Anweisung der EU-Kommission nachgegeben und ihr honorarbasiertes zugunsten eines nutzungsorientierten Verteilungssystems aufgegeben hätte. Das Deutsche Patent- und Markenamt als Staatsaufsicht hat diese Einschätzung mehrfach bestätigt.

Aufgrund der miserablen Kommunikation und dem letztjährigen Ausschüttungsdesasters keimen allerdings unter den Berechtigten immer wieder Zweifel auf.

Und solange in diesem Kern Misstrauen vorherrscht, kann ein nutzungsorientiertes Verteilungssystem nicht funktionieren – wie auch immer es ausgestaltet ist. Solange die Berechtigten kein Vertrauen haben, werden sie sich nach dem Alten zurücksehnen und können nicht am Neuen konstruktiv mitarbeiten.

Heinrich Schafmeister forderte die GVL daher auf, alles zu unternehmen, die Berechtigten zu überzeugen. Er hakte nach: Gibt es was Schriftliches? Kann die GVL uns den entsprechenden Brief von der Schwestergesellschaft Adami zeigen, von dem Hartmut Karmeier (Beiratsvorsitzende der GVL) auf der Versammlung sprach und aus dem deutlich der Druck hervorginge, unter dem die GVL damals stand? Oder gibt es andere Zeugen?

Der BFFS wird das im Auge behalten – nicht mehr von außen wie bisher, sondern mit Sitz und Stimme von innen!

Einen großen Dank an alle, die dies möglich gemacht haben!

 

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