Zur Unsitte deutscher Filmhochschulen seit Einführung des Mindestlohngesetzes, Schauspielerinnen und Schauspieler in Hochschulfilmproduktionen ehrenamtlich arbeiten zu lassen.
von BFFS-Justiziar und Rechtsanwalt Bernhard F. Störkmann
„Wir wollen nicht meckern und klagen. Wir haben den schönsten Beruf der Welt.“ So hört man es oft, wenn man mit Schauspielerinnen und Schauspielern über ihren Beruf oder besser über ihre Berufung ins Gespräch kommt. Ungeachtet ihrer oft prekären Beschäftigungssituation brennen sie mit Leidenschaft für das, was sie gelernt haben.
Nur so lässt sich erklären, warum ein Engagement, eine Rolle angenommen wird, zu Bedingungen, die oftmals unterirdisch sind.
Von dieser Hingabe und Leidenschaft haben in den letzten Jahrzehnten auch die deutschen Filmhochschulen profitiert.
Sie verlangen ihren Studierenden und künftigen Absolventen zum Nachweis ihrer Eignung, künftig als Spitzenkräfte für Regie bzw. Produktion am Markt tätig werden zu können, die Entwicklung und Erstellung von Abschlussfilmen ab. Die Einhaltung von professionellen Produktionsstandards und die Befähigung zum Produzenten-Dasein muss erbracht werden.
Für die Abschlusskandidaten der Hochschule ist dies zuweilen eine schier unlösbare Aufgabe. Denn schon bei der wichtigsten Rahmenbedingung, die für die Umsetzung eines Filmprojektes Voraussetzung ist, lassen die Hochschulen ihre Studentenschaft im Stich. Der Finanzierung!
Um es deutlich zu sagen: Nicht nur die privaten Hochschulen auch Filmhochschulen mit einem öffentlich rechtlichen Träger sehen sich nicht in der Pflicht, ihren Prüflingen für diese Filmproduktionen in einem angemessenen Rahmen die finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen. Da werden universitäre Ausbildungs- und Unterrichtsinhalte über die angemessene gesetzmäßige Anstellung von Filmschaffenden für die Dauer der Produktionszeit zum leeren Lippenbekenntnis.
Wie aber nun einen würdigen Abschlussfilm drehen, wenn das Geld fehlt?
Not macht erfinderisch! Irgendwie findet sich für Technik und Equipment das erforderliche Kleingeld. Fehlen also nur noch die Gesichter vor der Kamera. Und so hat es sich eingebürgert, dass Schauspielerinnen und Schauspieler in den letzten Jahrzehnten unentgeltlich – bestenfalls auf der Grundlage von Rückstellungsverträgen – engagiert wurden. Für die Dauer eines solchen Engagements waren sie dann weder sozialversichert noch berechtigt, Arbeitslosengeld zu erhalten. Geld, welches sie bitter für die Bestreitung des Lebensunterhaltes benötigen und mit Fug und Recht für ihre Tätigkeit vor der Kamera verdient hätten, floss also erstmal nicht.
Mit Einführung des Mindestlohnes zum 01.01.2015 sollte solch prekären Beschäftigungsverhältnissen ein Ende gesetzt werden. Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde gebührt jedem, der einer Beschäftigung nachgeht. Wohlgemerkt JEDEM! Also auch den Filmschaffenden in Hochschulfilmproduktionen.
Die Filmhochschulen wollen das aber ganz und gar nicht so sehen!! Und so sind sie sich nicht zu schade, den Versuch zu wagen, der Verpflichtung zur Zahlung des Mindestlohnes über eine perfide Lösung zu entgehen: Die Schauspielerei wird zur ehrenamtlichen Tätigkeit erhoben. Eine Tätigkeit also, die gemeinwohlorientiert ist und nicht berufsmäßig ausgeübt wird.
Also jedenfalls nicht berufsmäßig, was die Zahlung einer Vergütung angeht. Was die Verpflichtungen des Schauspielensembles im Rahmen dieses sogenannten Ehrenamtes angeht, soll es dann aber bitte schön schon berufsmäßig zugehen. Das gilt vor allem für die Pflicht zum pünktlichen Erscheinen am Filmset, ebenso für die Pflicht, den Anweisungen der Regie Folge zu leisten. Und ganz selbstverständlich darf die Pflicht zur Abtretung sämtlicher Rechte nicht fehlen, denn die Hochschule soll in jedem Fall berechtigt sein, das Filmwerk auch wirtschaftlich auszuwerten. Kino, Fernsehen, DVD – die Gelder will die Hochschule für sich und nicht mit den ehrenamtlichen, gemeinwohlorientierten Schauspielleuten teilen.
Liebe Damen und Herren in der Leitung der öffentlich rechtlichen und privaten deutschen Filmhochschulen!
Schämt Ihr Euch nicht?
Ist das nicht eine Frage der Ehre und des Anstands, dafür Sorge zu tragen, dass die Absolventen Eurer Hochschulen, faire und gesetzmäßige Arbeitsbedingungen für die am Filmset Beschäftigten als Pflichtlektüre verinnerlicht haben?
Oder übt ihr selbst Euer Amt gar nicht berufsmäßig, sondern gemeinwohlorientiert nur als Ehrenamt aus?
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