Interviewreihe mit den Vorstandsmitgliedern des BFFS

BFFS Geschäftsstelle
18. März 2016

Meine Damen und Herren,

im Rahmen dieser Reihe möchte der Vorstand Ihnen gerne unsere Vorstandsmitglieder vorstellen, ihre Arbeit für den BFFS und ihre Ziele für die kommenden Monate. Er möchte Sie, die Mitglieder, durch eine solche Transparenz einbinden, komplexe Sachverhalte verständlich machen und vermitteln, worin die alltäglichen Herausforderungen bestehen. Die Organisation des Vorstandes gliedert sich in verschiedenen Ressorts, welche sich jeweils mit verschiedenen Themen befassen. Jedes Vorstandsmitglied betreut federführend mindestens ein Ressort. Die Interviews mit den Vorstandsmitgliedern, in denen sie sich und ihr jeweiliges Ressort vorstellen, führt Anna Rathey.  Der Vorstand erhofft sich von dieser Reihe ein besseres Verständnis für seine Arbeit und die Themen, die bearbeitet werden, wofür Ihre tatkräftige Unterstützung benötigt wird.

Platons Höhlengleichnis,
der BFFS und was beides miteinander zu tun hat

von Anna Rathey

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© Michael Brandner

Vielleicht eine gewagte Interpretation, ein gewagter Zusammenhang, aber Michael Brandner, der Vorstandsvorsitzende und Gründer des BFFS, hat in seinem Leben schon so einiges gewagt. Und wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Und wenn man eines schon vorab sagen kann, dann, dass Brandner so einiges gewonnen hat.

„Zwar war der Gedanke, etwas bewegen zu wollen schon um einiges früher geboren, aber spannend wurde es tatsächlich erst im Jahr 2005. Die Finanzblase platzte, was nicht nur auf dem Immobilienmarkt, in der Bankenwelt und in den Staatskassen spürbar war. Damals haben die Großen unserer Branche unschlagbar gut verdient, an immer weiter steigende Gagen geglaubt, die jedoch plötzlich nicht mehr realisiert werden konnten. Rollen blieben aus, Produktionen wurden abgesagt, das Budget und die Drehtage gekürzt, der Verdienst und somit die Existenzgrundlage wurden knapper und knapper. Wenn es hart auf hart kommt, dann leidet eben zuerst die Kultur. Und dann sitzt man zusammen, unterhält sich und hat als Einzelner keine Möglichkeit den Problemberg abzutragen, der gefühlt immer größer wird. Es macht weiß Gott keinen Spaß sich selbst beim Klagen zuzuhören.“ Brandner war schon immer jemand, der nach dem Motto „Nicht jammern – ändern!“ gearbeitet und gelebt hat. „Ich war frisch in der Deutschen Filmakademie und entschlossen etwas zu bewegen. Also habe ich mir ein Buch gekauft mit dem sehr vielsagenden Titel „Wie gründe ich einen Verein in Berlin“, habe sieben Kollegen zusammengerufen und in einer Hauruck-Aktion den BFFS gestartet“, lacht Brandner.

Das Ziel? Schlagkraft und politische Relevanz für eine bis dahin weitgehend rechtlose Berufsgruppe. Seitdem kümmert sich der BFFS mit viel Leidenschaft und Beharrlichkeit darum, dass sich nicht nur die gegenwärtigen Bedingungen der Schauspieler verbessern, sondern auch unsere Zukunft als Künstler ernst genommen wird.

Und da kommt, wie versprochen, der gute, alte Denker Platon ins Spiel. In seinem Höhlengleichnis geht er davon aus, dass die Menschen zunächst nur Schatten an einer Höhlenwand für die absolute Realität halten. Dass diese Schatten nur eine von Menschenhand beeinflusste Projektion sind, erzeugt durch ein Lichtspiel, ist zunächst unklar. Der Blick richtet sich starr auf die Wand. Bis sich einer hinaus wagt, der Ursache auf den Grund geht und berichtet, dass außerhalb der Höhle eine andere Realität, eine andere Welt wartet. Eine Welt, welche Augen öffnet, Sinne schärft und erklärt woher die Schatten kommen. Zwar muss sich jeder selbst davon überzeugen, aber laut Platon benötigt man dabei die Hilfe von seinen Mitmenschen. Man tauscht sich aus und diskutiert über das, was man gesehen hat. Somit ist es zugleich ein einzelnes, aber auch ein kollektives Bestreben, die Hintergründe zu verstehen und die breite Masse hinter die Schatten blicken zu lassen. Etwas, was man nur in einer Gemeinschaft erreichen kann.

Überträgt man Platons Gleichnis auf einen Kinosaal, so kann man Brandners Idee hinter dem großen Ganzen erläutern. Das, was auf der Kinoleinwand gezeigt wird, ist lediglich das, was der Zuschauer auch sehen soll. Er wird in eine andere Welt entführt, die meist wenig mit der Realität zu tun hat. Kino soll unterhalten, keine Frage, aber die Bedingungen, unter denen der Film entstanden ist, bleiben den Meisten fremd. Und genau darauf wollen Brandner und der BFFS aufmerksam machen.

Das Ressort Medien- und Senderpolitik fällt in seinen Kompetenzbereich. Politik hat meist etwas mit Kommunikation und Verhandlungsstärke zu tun. „Unsere politische Arbeit ist meiner Meinung nach unentbehrlich in der Medienbranche. Wir müssen es schaffen, dass die Schauspieler als freie Mitarbeiter außerhalb der Sender, den gleichen Schutz genießen wie die Mitarbeiter innerhalb der Sender. Über Produktionsfirmen, die in der Regel rein ausführende Organe sind, werden wir von den Abgaben bezahlt, die der Steuerzahler zu leisten hat. Damit sind wir Angestellte der Bürger und haben ein Anrecht auf angemessene Bezahlung und Behandlung. Beispielsweise setzt sich der BFFS dafür ein, dass alle Produktionen in die Pensionskasse, die Altersvorsorge für Schauspieler, einzahlen. Für viele die einzige Chance auf einen Lebensabend ohne Armut."

Durch die Bildung der „Deutschen Akademie für Fernsehen“ vor fünf Jahren hat Michael Brandner zusammen mit Vertretern anderer kreativer Berufsgruppen, eine neue Möglichkeit geschaffen, Einfluss auf die Zukunft des Fernsehens zu nehmen. Die Akademie bündelt alle Kreativen und hat in kurzer Zeit enorme Wirkung gezeigt. Der durch Öffentlichkeitsarbeit entstandene Austausch mit der „Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten" (kurz und im Folgenden KEF genannt) ist dabei sehr hilfreich. Brandner geht es hier nicht um die an die Wand geworfenen Schatten in der Höhle, sondern vielmehr darum, was die Realität ist.

Ein Beispiel: „Einer unserer größten Erfolge war es bis jetzt, dass die Sender tatsächlich 300 Millionen Euro bei der KEF beantragt haben. Warum? Die Sender wollen die Ausweitung der Onlinemediatheken. Selbstverständlich ist das für Urheber und Leistungsberechtigte ein Problem, denn für uns wurde zunächst keine Rücklage zur adäquaten Vergütung beantragt. Daraufhin hat die Akademie bei der Politik, der KEF und den Fernsehräten angemahnt, dass eine Finanzierungslücke droht. Mit Erfolg. Rücklagen wurden beantragt und liegen für uns bei einer tatsächlichen Ausweitung bereit. Deshalb appellieren wir für mehr Transparenz, Vertragsehrlichkeit und Offenheit der Sender uns gegenüber.“

Für das nächste Halbjahr stehen ebenfalls Projekte an, an denen Brandner zusammen mit den anderen Vorständen arbeiten möchte. Oberste Priorität hat dabei wohl die Verhinderung von TTIP (Transatlantisches Freihandelsabkommen) und die Durchsetzung einer angemessenen Vergütung im Schutz des Urheberrechts. Der Zuschuss für Kulturprogramme ist im freien Markt unter TTIP auf Dauer nicht mehr zulässig und gefährdet somit nicht nur die öffentlich-rechtlichen Sender, sondern auch die lokalen Theater, die vom Staat unterstützt und getragen werden. Sollte beispielsweise ein Musical aus den USA dann in Deutschland auf die Bühne kommen, hätte diese Produktion das Recht auf äquivalente wirtschaftliche Voraussetzungen. Das wäre utopisch und finanziell nicht tragbar. Die Kultur, wie wir sie kennen, bliebe somit auf der Strecke, wäre drastisch gesagt vom Aussterben bedroht. Großkonzerne bestimmen dann nicht nur die Ökonomie, sondern auch die Kultur- und Medienlandschaft, also unsere gesamten Lebensbedingungen.

Daraus resultierend appelliert Brandner an die Mitglieder: „Besuchen Sie unsere Stammtische. Bilden Sie sich weiter. Immerhin sind wir als Verband die politisch aktivste Gruppe im Mediengewerbe und darauf bin ich sehr stolz. Um wirklich etwas bewegen zu können, müssen wir als geschlossene Schauspielerschaft auftreten. Diplomatisch, unnachgiebig und konstruktiv. Wir brauchen die Gemeinschaft, um etwas zu bewegen.“ Und das hat ja schon Platon gesagt.