Wer Filme fördern will, muss die fördern, die Filme schaffen!

Heinrich Schafmeister
1. Juli 2016

Am 22. Juni fand im Bundestagsausschuss für Kultur und Medien die Anhörung zur Novellierung des Filmfördergesetzes (FFG) statt. Die Vereinigung „Die Filmschaffenden“ und der Bundesverband Schauspiel waren geladen und nahmen gemeinsam zum aktuellen Entwurf der Novellierung Stellung (siehe Stellungnahme).

Immer wieder wird diskutiert, wie die Qualität unserer Filme durch Förderung gesichert werden kann. Welche Kriterien zeichnen einen guten Film aus? Welche Merkmale eines eingereichten Drehbuches deuten darauf hin, dass es zu fördern sich lohnt? Welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus für gesetzliche Regelungen ziehen, die geeignete Förderstrukturen schaffen und den deutschen Film nach vorne bringen sollen? Darüber können wir lange und trefflich streiten – ohne klare Ergebnisse zu gewinnen.

Aber wir können die Fragen auch umdrehen. Welche Vorbedingungen, welche Zustände schwächen unsere Filmbranche und stehen damit guten Filmen im Wege? Welche Stolpersteine, welche Dürren, welche Schadstoffe stören und müssen beseitigt werden, damit Begabung, Phantasie und Leidenschaft auf fruchtbaren Boden fallen? Die Antworten auf diese Fragen sind offensichtlicher und zielführender.

Gewiss, auch unter miesesten Arbeitsbedingungen und mit geringsten Vergütungen gelingt es hin und wieder, dass Filmschaffende Großartiges leisten. Aber nur um den Preis der Selbstausbeutung, der eigenen Gesundheit und damit um den Preis auf lange Sicht so ab- und ausgebrannt zu sein, bei weiteren vielversprechenden Filmprojekten nicht mehr mitwirken zu können. Diesem Verschleiß kreativer Kräfte entgegenzuwirken, wäre die sinnvollste Förderung des deutschen Films.

Allerdings enthält das Filmfördergesetz bisher keine Regelung, die auf die sozialen, wirtschaftlichen und urheberrechtlichen Belange der Filmschaffenden Rücksicht nehmen würde. Daran ändert auch der aktuelle Entwurf zur Novellierung des Gesetzes kaum etwas.

Bei jeder Wirtschaftsförderung, sei es nun für eine Autobahnauffahrt oder sonst etwas, ist es üblich, die Vergabe der Gelder an bestimmte soziale, z. B. tarifliche Standards zu koppeln. Warum soll das bei einer Filmförderung anders sein? Nach unserer Ansicht müssten Produktionsfirmen bei Antragsstellung von Filmförderung gehalten sein darzulegen, ob für ihre Filmproduktionen ein Tarifvertrag unmittelbar gilt. Sie müssten zugleich gewährleisten, die darin enthaltenen Mindestregelungen gegenüber den Beschäftigten einzuhalten. Die Filmförderungsanstalt kann und soll dabei nicht „Polizei spielen“. Wir erwarten von ihr keine Kontroll- oder Sanktionsmaßnahmen. Das ist die Aufgabe von Gewerkschaften. Aber bei Vergabe von Fördergeldern darf die Darlegung der Tarifgebundenheit zumindest eine Rolle spielen.

© Filmförderungsanstalt
© Filmförderungsanstalt

Auch sollten Filmförderer sich regelmäßig vergewissern, wie ihre Vergabeentscheidungen sich auf die Geschlechtergerechtigkeit vor und hinter der Kamera auswirken. Wenn unsere Filmkultur den Anspruch hat, die Vielfältigkeit unserer Welt und unsere Weltanschauungen künstlerisch zu verarbeiten, dann müsste unter dem Strich auf deutschen Leinwänden eigentlich auch ein ausgewogenes Verhältnis zwischen der Präsenz von Frauen- und Männerrollen herrschen. Ist das so?! Messungen von Fernsehfilmen zumindest lassen vermuten, dass die überwiegende Mehrzahl unserer Filme unsere Wirklichkeit im Hinblick auf die Geschlechterverteilung immer noch aus einer nicht mehr zeitgemäßen Perspektive betrachtet. Dieses näher zu überprüfen, wäre kein Eingriff in die Kunstfreiheit, sondern eine Schärfung des Urteilvermögens und stünde der Filmförderungsanstalt gut zu Gesicht.

Überhaupt, Filmförderung würde die größte Wirkung zeigen, wenn sie an der Qualitätsquelle ansetzt. Darum betiteln wir unsere Forderungen mit: Wer Filme fördern will, muss die fördern, die Filme schaffen.