Eine Mitgliederversammlung ist kein Zuckerschlecken

Heinrich Schafmeister
16. September 2016

Am 9. Oktober findet in Köln unsere nächste Mitgliederversammlung statt. Das ist diese Veranstaltung des BFFS, bei der zwar keine Kekse gereicht werden, aber viele nach Knäckebrot schmeckende, nichtsdestotrotz für uns wichtige politische Themen durchgekaut werden müssen.

Bei der letztjährigen Mitgliederversammlung in München ist uns immerhin gelungen, den spröden, aber notwendigen formalen Teil innerhalb einer dreiviertel Stunde abzuarbeiten. Wir hatten uns beim Vortrag des Geschäftsberichts auf das Wesentlichste beschränkt und weitgehend auf Powerpointpräsentationen verzichtet. So haben wir genügend Raum gefunden, ausführlich über alles miteinander zu debattieren, was den Mitgliedern und uns Vorständen auf dem Herzen lag. Das fand großen Anklang und so wollen wir es grundsätzlich am 9. Oktober in Köln auch halten.

Wenn wir die ersten Tagesordnungspunkte – Begrüßung, Feststellung der Beschlussfähigkeit, Vorstandsbericht über das BFFS-Geschäftsjahr, Bericht des Kassenprüfers bis zur Entlastung des Vorstandes – ähnlich bündig wie im letzten Jahr über die Bühne gebracht haben, sind wir schon mitten drin.

Satzungsänderungen

Unser Verband, genauer gesagt sein Vorstand, gerät immer mehr in Verhandlungen und Auseinandersetzungen, bei denen auf der anderen Seite mächtige Kontrahenten sitzen und der Gesetzgeber – siehe die Reform des Urhebervertragsrechts – uns eher im Stich lässt. Unser Vorstand kann sich in diesen Konfrontationen nur so stark behaupten, wie er geschlossen auftreten kann und die Mitglieder ihm Rückhalt bieten. Auch wenn die Mitgliederversammlungen wie bisher die Entscheidungen des Vorstands mit breiter Mehrheit absegnen, ginge von der Mehrheit aller Mitglieder ein deutlich machtvolleres Signal aus. Aber leider haben unsere Mitglieder ein nomadenhaftes Berufsleben und können sich nicht alle an einem Termin in einem Raum versammeln.

Darum möchten wir, nachdem gerichtsfeste technische Möglichkeiten zu einer Online-Befragung vorhanden sind, in unserer Satzung die Voraussetzungen schaffen, bei wichtigen Entscheidungen – z. B. bei Kampfmaßnahmen – alle Mitglieder zu fragen, also einen Mitglieder-Direkt-Beschluss zu bewirken. Konsequenterweise sollte auch der Vorstand künftig direkt von allen Mitgliedern, heißt, per Mitglieder-Direkt-Beschluss zu wählen sein.

Warum verlegen wir unsere Mitgliederversammlung nicht gleich in den virtuellen Raum? Noch scheint dies für uns technisch bzw. finanziell nicht durchführbar zu sein. Aber was nicht ist, kann noch werden. Und in unserer Satzung sollte auch die Möglichkeit einer virtuellen Mitgliederversammlung vorbereitet werden.

Und wo wir schon gerade dabei sind… Die Textbausteine zum Zweck unseres Verbands stammen noch aus unserer Gründungszeit, als wir noch auf Film und Fernsehen fokussiert, als wir noch keine Gewerkschaft waren und als wir noch keine praktischen Erfahrungen mit der Verbandsarbeit haben konnten. Entsprechend unkonkret klingen diese Formulierungen aus unserer heutigen Sicht und bedürfen einer Überarbeitung.

Deutscher Schauspielerpreis

Auch der letzte Deutsche Schauspielerpreis war ein großer Erfolg. Aber nach fünf Jahren Verleihung unseres Preises müssen wir uns eingestehen, dass wir ihn mit seinem bisherigen Geschäftsmodell so nicht fortsetzen können. Die Grenzen unserer Möglichkeiten sind erreicht, ja, überschritten. Wir wissen, mit wie viel Herzblut sich zahlreiche Kolleginnen und Kollegen ehrenamtlich und mit großem Engagement für den Preis eingesetzt haben. Wir wissen um die Bedeutung des Preises. Aber wenn wir weiterhin den Deutschen Schauspielerpreis stattfinden lassen wollen – und das ist zumindest der einhellige Wunsch des Vorstandes – müssen wir eine neue geschäftliche und konzeptionelle Ausrichtung des Preises finden.

Um die enormen finanziellen Risiken der Preisverleihung vom Bundesverband Schauspiel fernzuhalten, hatte der Vorstand bereits vor vier Jahren entschieden, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Deutsche Schauspielerpreis Veranstaltungs GmbH, zu gründen und sie anstelle des Verbandes mit der Ausrichtung der Preisverleihung zu betrauen. Der BFFS-Vorstand war damals zuversichtlich, dass mit dieser Geschäftskonstellation bei jeder weiteren Durchführung und Etablierung des Preises allmählich ein gewisser Sponsoren- und Kapitalstamm aufgebaut werden könnte.

Diese Hoffnung ist leider auch nach fünf Preisverleihungen nicht aufgegangen. Auch wenn das Haftungsrisiko ausgelagert wurde, blieben die nervenaufreibenden Anstrengungen der Sponsorenakquise und Organisation des Preises an Personen hängen, die durch die Verbandsarbeit neben dem Berufsleben schon zur Genüge gestresst und eingeschränkt sind. So wurden zwar unter Aufbietung aller Kräfte und mit Bangen bis zur letzten Sekunde fünf wunderbare Schauspielerpreise gestemmt, aber keine Reserven bzw. Puffer gebildet, die das fin

Kreativ-Team u.a.: Sven Rothkirch, Christian Senger, Birgit Stauber, Simona Theoharova, Nadine Heidenreich, Michael S. Ruscheinsky © Schroewig
Kreativ-Team u.a.: Sven Rothkirch, Christian Senger, Birgit Stauber, Simona Theoharova, Nadine Heidenreich, Michael S. Ruscheinsky © Schroewig

anzielle Risiko und den damit verbundenen Druck auf Dauer hätten abmildern können. Im Gegenteil, unsere Tochtergesellschafft ist noch mit Forderungen konfrontiert, die sie ohne die Hilfe des einzigen Gesellschafters, des Bundesverbands Schauspiel, nicht begleichen kann.

Daraus haben wir nun die Konsequenzen gezogen und arbeiten zusammen mit dem Kreativteam, das sich auch früher schon für den Preis engagiert hatte, fieberhaft an einer neuen Perspektive des Deutschen Schauspielerpreises. Diese Perspektive möchten wir bei der Mitgliederversammlung gerne vorstellen und verlassen uns auf den Rückhalt unserer Mitgliedschaft. So hoffen wir, unseren Deutschen Schauspielerpreis auf neue und solide Füße stellen zu können.

Verstärkung des Vorstandes

Schneller als gedacht haben wir den Frauenanteil in unserem Vorstand erhöhen können. Simone Wagner und Bettina Zimmermann arbeiten sich gerade mit großem Eifer in ihre neuen Ressorts ein. Sie bilden mit ihren Persönlichkeiten und Fähigkeiten eine ideale Ergänzung des bisherigen Vorstandsensembles. Ob der Vorstand auch in dieser Einschätzung das Vertrauen der Mitgliederversammlung genießt, wird sich am 9. Oktober zeigen.

Wie die Leitung unserer Gewerkschaft generell auf die Rückendeckung seiner Mitglieder angewiesen ist. Denn darin liegt ja der eigentliche Sinn unserer Mitliederversammlungen. Die Ausrichtung des Verbandes in den verschiedenen politischen Themen muss unter den Mitgliedern diskutiert und für die Umsetzung unsere ehrenamtlichen sowie hauptamtlichen Akteure mit Macht unterstützt werden. Sonst hätten wir nicht die geringste Chance, unsere Ziele gegen große Widerstände zu erkämpfen. Darum sind solche Veranstaltungen kein Zuckerschlecken und darum werden auch keine Kekse gereicht 😉

Aber niemanden soll das Magenknurren zu Kopfe steigen. In der Pause gibt es wohl Brötchen und am Abend startet – nur für Mitglieder – unser Schauspielfest mit Kartoffelsalat, Grill und Kölsch. Für die Organisation haben wir uns beim Kölner Stammtisch zu bedanken. Wir hoffen auf eine rege Beteiligung und wir freuen uns auf Köln!