Brüten über kulturelle Leitlinien

Heinrich Schafmeister
4. Juni 2017

Die SPD lädt Kulturschaffende zur Stellungnahme

Thorsten Schäfer-Gümbel hatte im Namen des SPD-Kulturforums zum 29. Mai Vertreter von relevanten Kulturschaffenden-Verbänden eingeladen, um über die kulturellen Leitlinien der SPD zu beraten, die in Ergänzung zum neuen SPD-Parteiprogramm erarbeitet werden sollen. Der Bundesverband Schauspiel begrüßt die Offenheit der SPD, an ihren kulturellen Konzepten nicht nur Parteimitglieder, sondern auch die betroffenen Kulturschaffenden mitwirken zu lassen. Darum nahm BFFS-Vorstandsmitglied, Hans-Werner Meyer, als Vertreter der gewerkschaftlich organisierten Schauspielerinnen und Schauspieler gerne an dieser Arbeitssitzung teil.

Hans-Werner Meyer (BFFS-Vorstand), Thorsten Schäfer-Gümbel (stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD)

Gerade die Arbeitslosengeld-1-Pläne im neuen SPD-Programm haben es in sich und bereiten uns, die wir beruflich bedingt stets nur kurz befristete Beschäftigungen haben, große Kopfschmerzen.

Natürlich wäre auch aus unserer Sicht gegen eine von zwei auf drei Jahre verlängerte Rahmenfrist, in der die erforderliche zwölfmonatige Anwartschaftszeit gesammelt werden muss, nichts einzuwenden. Wenn dann noch diese Anwartschaftszeit von 12 auf 10 Monate gesenkt würde – umso besser. Auf den ersten Blick erscheinen diese Vorhaben so einfach wie verlockend.

Aber die Annahme im SPD-Parteiprogram, allein diese Maßnahmen würden uns Kulturschaffenden einen fairen Anspruch auf Arbeitslosengeld 1 ermöglichen und darum könne getrost auf die derzeitige Regelungen, die eigens für kurz befristet Beschäftigte geschaffen wurde, verzichtet werden, ist ein fataler Irrtum. Bereits die verkürzte Anwartschaftszeit von (nur) 6 Monaten in der gegenwärtigen zweijährigen Rahmenfrist erweist sich für viele von uns – gerade die von Dreharbeiten leben – als immer noch sehr hohe Hürde. Das zeigt auch die vorläufige Auswertung der jüngsten BFFS-Umfrage zu den Sozialversicherungszeiten von Schauspielerinnen und Schauspielern. Eine wie im SPD-Programm vorgesehene Anwartschaftszeit von 10 Monaten, die in einer dreijährigen Rahmenfrist erfüllt sein müsste, wäre für uns eine noch höhere Hürde, an der noch mehr von uns scheitern würden.

Ja, die geltende Regelung zum Bezug auf Arbeitslosengeld 1 für kurz befristet Beschäftigte greift zu kurz. Auch weil sie zwei zusätzliche komplizierte Bedingungen beinhaltet, die so unglücklich justiert sind, dass wir sie mit unseren typischen Erwerbsbiografien nicht erfüllen können. Der BFFS hat deswegen immer vorgeschlagen, zunächst diese Stellschrauben zu lockern.

Eine andere, noch grundsätzlichere Alternative wäre, wenn der Gesetzgeber bei allen Beschäftigungen, die auf unter ein Jahr befristet sind, die Sozialversicherungspflicht verstetigen würde, indem er sie etwa – ähnlich wie bei Unständigen – auf die ganzen Kalendermonate ausstrecken würde. Darüber möchten wir mit der SPD gerne ins Gespräch kommen.

Fürs erste hat Hans-Werner Meyer für die kulturellen Leitlinien der SPD eine Ergänzung vorgeschlagen: Die SPD möge bereits vorhandene Regelungen für kurz befristet Beschäftigte an die speziellen Erwerbsbiografien der Kunst- und Kulturschaffenden anpassen.

Nun hoffen wir, dass die SPD intern noch weiter an ihren Konzepten „brütet“ und bei ihrer Stoßrichtung, mehr Gerechtigkeit für alle in unserer Gesellschaft zu schaffen, nicht ausgerechnet die Filmschaffenden, die Schauspielerinnen und Schauspieler außen vor lässt. Der Bundesverband Schauspiel will gerne dabei helfen und bedankt sich für die Einladung der SPD.