Vereinigung finden und feiern

Heinrich Schafmeister
21. Juli 2017

BFFS-Mitgliederversammlung

Am Sonntag, den 9. Juli, fand im Umspannwerk.Ost in Berlin wieder unsere alljährliche ordentliche Mitgliederversammlung statt. Sie ist quasi das „Hochamt“ unter allen BFFS-Veranstaltungen. Hier, im vertraulichen Kreis, wird Rechenschaft für das vergangene Jahr abgelegt, hier diskutieren unsere Mitglieder über die politische Ausrichtung unserer Gewerkschaft und hier treffen sie auch bindende Entscheidungen.

Jahresbilanz

Nach den Erläuterungen unseres Steuerberaters, Andreas Schmidt-Hagius, zum Jahresbericht für das Geschäftsjahr 2016, einer vom Schatzmeister erläuterten politischen Betrachtung der Ausgaben und der Stellungnahme des Kassenprüfers, Michael Marquardt, wurde der Vorstand ohne Gegenstimme entlastet. Damit war der formallastige Teil der Versammlung in kurzer Zeit erledigt und die Mitglieder konnten sich den politischen Themen zuwenden.

IVS & BFFS

Sollen sich die beiden maßgeblichen Schauspielverbände, der InteressenVerband Synchronschauspieler (IVS) und unser Bundesverband Schauspiel, auf den Weg zu einem Zusammenschluss begeben? Diese Frage stand im Mittelpunkt der diesjährigen Mitgliederversammlung. Dazu eingeladen war Till Völger vom Vorstand des IVS, deren Mitglieder bereits auf ihrer Jahresversammlung am 12. März diese Frage einstimmig bejaht haben. Dass auch unsere Mitgliederversammlung einstimmig diesen Weg beschreiten will, war wenig überraschend. Viel interessanter waren die Anregungen, Ratschläge und Bedenken, die dem Vorstand mit auf diesen Weg gegeben wurden:

Wir sollten aus den Fehlern anderer Zusammenschlüsse lernen. Unsere Vereinigung muss so gestaltet werden, dass die Marke des IVS, seine Geschichte, Erfolge und Themen nicht im Gesamtzusammenhang verloren gehen. Die Synchronschauspielerinnen und -schauspieler müssen als eine „Sektion“ innerhalb des Bundesverbands Schauspiel sichtbar bleiben. Das gleiche müsste dann natürlich auch für die Mitglieder mit den Schwerpunkten Bühne und Film/Fernsehen gelten.

Der Bundesverband Schauspiel wird durch den Zusammenschluss größer. Das soll er natürlich auch, um mit mehr Macht unsere Schauspielinteressen vertreten zu können. Aber er darf nicht dicker und behäbiger werden. Oder – um drastisch im Bild zu bleiben – wir brauchen einen großen Hunger, aber keine Verdauungsstörungen. Unsere Verbandsstruktur muss einfach und direkt bleiben – kurze Wege, klare Verantwortlichkeiten, schlagkräftige Arbeits- und Leitungsteams.

Durch den Zusammenschluss, der sicher einer gewissen Übergangsphase bedarf, dürfen die Mitgliedsbeiträge weder für die IVS- noch für die BFFS-Kolleginnen und Kollegen ansteigen. Denn mit der Verschmelzung sollten Doppelstrukturen abgebaut werden und eine effektivere Haushaltsführung möglich sein.

Nun werden IVS und BFFS einen Dialog beginnen, wie der Zusammenschluss der beiden Schauspielverbände organisiert werden kann. Die Beiträge aus der Mitgliederversammlung werden dabei eine wertvolle Hilfe sein.

Signale an den Gesetzgeber

Die von BFFS und IVS Ende Mai durchgeführte Abfrage der Sozialversicherungszeiten von Schauspielerinnen und Schauspielern (siehe hier) konkretisiert, was viele von uns schon lange ahnten: Unser soziales Problem, immer nur auf kurze Zeit beschäftigt zu werden, dabei viel Sozialbeiträge zahlen zu müssen, ohne auch nur annähernd entsprechend sozial geschützt zu werden, kann grundsätzlich nur gelöst werden, wenn die Politik sich durchringt, unsere Sozialversicherungszeiten gesetzlich zu verstetigen. Das heißt: Bei kurz befristeten Beschäftigungen wie unseren sollte die Sozialversicherungspflicht in allen Versicherungszweigen auf die vollen Kalendermonate ausgedehnt und nur monatliche Beitragsbemessungsgrenzen angewandt werden. Nur dann hätten wir in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung eine faire soziale Absicherung.

Weil der BFFS mit großem Abstand der mitgliedstärkste Berufsverband ist, in dem sich kurz befristet beschäftigte Kulturschaffende organisiert haben, spielt seine Haltung in dieser sozialen Frage eine herausragende Rolle. Die Mitgliederversammlung hat dem BFFS nun die einhellige Rückdeckung gegeben, sich gegenüber der Politik für die Verstetigung unserer Sozialversicherungspflicht stark zu machen.

Hochschulfilme

Einer unserer größten Aufreger, das bewiesen auch die hitzigen Beiträge auf unserer Mitgliederversammlung, ist nach wie vor die unrechtmäßige und respektlose Praxis vieler Filmhochschulen, die Beschäftigung von – professionellen – Schauspielerinnen und Schauspielern für Hochschulfilme vertraglich als ehrenamtliche Tätigkeit zu kaschieren, um das Mindestlohngesetz zu unterlaufen und keine Gage zahlen zu müssen. Besonders unerträglich sind die Fälle, bei denen Hochschulfilme von ausgewachsenen Sendern verwertet werden oder Teamleute entlohnt werden, während das Schauspielensemble nur mit lecker Catering abgespeist wird.

Natürlich versteht der BFFS die Probleme der Filmhochschulen und der Studierenden: Die völlige Rückstellung der Entlohnung – so wie früher üblich – ist mit dem Mindestlohngesetz nicht mehr gestattet, die Filmhochschulen brauchen dringend eine bessere finanzielle Ausstattung und einen rechtlich sauberen (Aus-)Weg. Darum hat der BFFS zusammen mit dem Verband der Agenturen (VdA) ein Lösungskonzept ausgearbeitet (siehe hier), alle Filmhochschulen angeschrieben und wartet nun auf konstruktive Antworten.

Denn der BFFS hat kein Verständnis dafür, wenn die Filmhochschulen meinen, das Thema auf die leichte Schulter nehmen und mit der illegalen Ehrenamt-Schwindelei fortfahren zu können.

Der BFFS wird sicher demnächst ein Panel dazu veranstalten – und andere Schritte vorbereiten, falls Gespräche allein nicht ausreichen.

Bühne

Für uns Schauspielerinnen und Schauspieler wird die Lage am Theater immer beunruhigender. Darum hatte der BFFS der Bühnengewerkschaft, GDBA, offiziell angeboten, mit ihr im Bühnenbereich zusammenzuarbeiten – insbesondere bei Tarifverhandlungen (siehe hier). In Folge einer solchen Zusammenarbeit könnte der BFFS auch eine Beitragsermäßigung bei Doppelmitgliedschaften einrichten. Aber bis dato hat die GDBA zum BFFS-Angebot noch keine Entscheidung getroffen.

Auf der anderen Seite wächst bei unseren Mitgliedern die Unzufriedenheit mit dem NV Bühne, vor allem mit dem jüngsten Tarifabschluss für gastierende Künstler (siehe hier). Die Mitgliederversammlung erwartet vom BFFS, noch stärker darauf zu dringen, das Tarifgeschehen im Bühnenbereich mitzugestalten und den NV Bühne besonders für Schauspielerinnen und Schauspieler zu verbessern.

Schauspielfest

IVS- und BFFS-Mitglieder auf dem Schauspielfest

Auf persönlicher Ebene scheinen die Mitglieder der beiden Schauspielverbände die Vereinigung bereits vollzogen zu haben. Das zeigte das Schauspielfest, das im Anschluss an die Mitgliederversammlung im Volkspark Friedrichshain stattfand und zu dem ausdrücklich auch die Mitglieder des IVS herzlich eingeladen waren.

Wie genau die Schauspielverbände BFFS und IVS strukturell zueinander finden, ist noch offen und muss sicher sorgfältig durchdacht werden. Aber deren Mitglieder brauchen keine Planung. Wenn gefeiert wird, aber auch wenn politisch was gerockt werden muss, passen Schauspielerinnen und Schauspieler immer zusammen – quer durch alle Sparten und Genres.