Unständig? Unverständlich? Umständlich? – Umdenken!

Heinrich Schafmeister
8. Februar 2019

Wie müssen wir künftig versichert werden?

Das in den letzten zehn Jahren praktizierte Modell mit Drehtagen plus Zusatzleistungstagen ist nicht mehr anwendbar.

Zwar bestreitet auch das Bundessozialgericht nicht, dass wir Schauspielerinnen und Schauspieler neben der eigentlichen Drehtätigkeit auch unterschiedliche Vorbereitungs- und Nachbereitungsarbeiten erledigen müssen. Aber zum einen sind jetzt Zusatzleistungen wie z. B. Rollenfindung und Szenenstudium, nicht mehr sozialversicherungsrechtlich relevant, weil der Produzent sie nicht näher zeitlich bestimmt. Und zum anderen müssen die Zusatzleistungen, die vom Produzenten durchaus zeitlich bestimmten werden (also: An- und Abreise, Kostüm-, Maske-, Lese-, Szenenproben, Regiebesprechungen, Spezialtraining, Castinghilfe, Fotovorproduktion, Pressetermine, Nachsynchronisationen), konkret an den Tagen sozialversicherungsrechtlich berücksichtigt werden, an denen sie tatsächlich stattfinden. Diese Zusatzleistungen dürfen nicht pauschalisiert bzw. an anderen Tagen verrechnet werden.

In Zukunft muss jeder unserer Vertragszeiträume eines Drehprojekts – nennen wir sie mal „Beschäftigungsinsel“ – isoliert betrachtet und je nach Versicherungszweig und Schwerpunkt des Erwerbslebens unterschiedlich abgerechnet werden.

Das kann für ein und dasselbe Drehprojekt je nach Beschäftigungsinsel zu drei Varianten führen:

  • eine Beschäftigungsinsel wird „normal“ versichert,
  • eine andere Beschäftigungsinsel wird unständig versichert ohne „berufsmäßige“ Unständigkeit und
  • eine weitere Beschäftigungsinsel wird unständig versichert mit „berufsmäßiger“ Unständigkeit.

Schon verstanden? Nein?! Zugegeben, in dieser knappen Form ist die komplizierte Materie nicht zu begreifen. Versuchen wir die kryptischen Zusammenhänge zu entschlüsseln …

Wann gilt die „normale“ Versicherungspflicht?

Wenn ein Produzent mich für eine Beschäftigungsinsel eines Drehprojekts prioritär bzw. exklusiv verpflichtet, die mindestens eine Woche dauert, dann bleibt für diese Beschäftigungsinsel alles wie beim alten. Sie wird „normal“ versichert. Die Beiträge fließen in alle Versicherungszweige und beschränken sich genau auf die Anzahl der Tage dieser Beschäftigungsinsel – also mindestens sieben Tage.

Und wenn alle Vertragszeiträume, sprich „Beschäftigungsinseln“, des Drehprojekts jeweils mindestens eine Woche dauern, sie alle meine Einsatztage enthalten – also meine Drehtage, meine Tage, an denen ich vom Produzenten zeitlich bestimmte Zusatzleistungen erledige, aber auch meine tariflichen Urlaubstage und die dazugehörigen Wochenendtage – und ich in diesen Beschäftigungsinseln exklusiv bzw. prioritär zur Verfügung stehen muss, werde ich überhaupt nicht unständig versichert.

Im Vergleich zu früher sammle ich deutlich mehr Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Arbeitslosengeld 1, auch für meine Rente wird besser vorgesorgt. Und trotzdem: Für den Produzenten ist das wesentlich günstiger, als wenn er mich unständig versichern müsste.

Seite 1: Das „Unwort des Jahres“ 2018

Seite 2: Wie müssen wir künftig versichert werden? & Wann gilt die „normale“ Versicherungspflicht?

Seite 3: Wann gilt die unständige Versicherungspflicht? & Was passiert bei berufsmäßiger bzw. bei nicht berufsmäßiger Unständigkeit?

Seite 4: Darf die Versicherungsart nach Belieben ausgewählt werden? & Ende vom Lied

Seite 5: ERLÄUTERUNGEN