Intensives Panel von BFFS und Pro Quote Film: Was hat sich seit #MeToo verändert?

Julia Rahmann
25. Februar 2019

Der Bundesverband Schauspiel (BFFS) und Pro Quote Film waren am 12.02.19 mit der Veranstaltung „Intimität vor und hinter der Kamera“ mit Unterstützung der Berlinale zu Gast im Haus der Kulturen der Welt. Sarah Blecher, Naomi Sesay, Bernhard F. Störkmann und Tatjana Turanskyi diskutierten die drängende Frage: Was hat sich seit #MeToo in der Film- und Fernsehbranche verändert?

Eröffnet wurde die Veranstaltung vor rund 200 Besuchern von BFFS-Vorstand Leslie Malton und Pro Quote Film Vorsitzende Barbara Rohm. Sie stellten die neu gegründete Themis Vertrauensstelle gegen sexuelle Belästigung und Gewalt vor. Die Gründung von Themis sei ein wichtiger Schritt für die Film- und Fernsehbranche und biete Betroffenen eine verlässliche Anlaufstelle, wie auch Ministerialrat Dr. Witzke bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien in seinem Grußwort bekräftigte.

Diskutiert wurde, wie intime Szenen so gedreht werden können, dass sich alle Beteiligten dabei wohl fühlen. Um das Ziel des respektvollen Umgangs miteinander zu erreichen, ist Parität vor und hinter der Kamera unabdingbar. In Filmen sollen Menschen jeglichen Geschlechts, jeglicher Hautfarbe und jeder besonderen Eigenart als selbstverständliche Mitglieder der Gesellschaft gezeigt werden. Die Eigenart der Figur soll dabei nicht in den Vordergrund rücken, damit die Botschaft transportiert werden kann, dass jeder Mensch gut ist so wie er ist und jedem Respekt gebührt, so die These. Hinter der Kamera heißt das: Schauspieler sollen ihre eigenen Grenzen kennen und respektieren, damit sowohl ihr Wohlbefinden als auch die Qualität ihrer Arbeit gewahrt werden können. Während bei Stunt-Szenen Schauspielerinnen und Schauspieler einen Stunt-Coach zur Seite gestellt bekommen, werden sie bei Intimitätsszenen hingegen alleingelassen. Damit soll jetzt Schluss sein, sind sich alle Diskutierenden einig! Die Aufgabe eines Intimitäts-Koordinator besteht darin, eine intime Szene in einzelne Bestandteile aufzubrechen, ähnlich einer Tanzchoreografie, wobei die Grenzen der Beteiligten zuvor definiert und in der Folge gewahrt werden. Ist es ok, wenn ich dich am Rücken berühre? Ja. Ist es ok, wenn ich dich auf die Nase küsse? Nein, etc. Nach diesem Schritt wird die Szene unter Wahrung der definierten Grenzen in einzelne Schritte unterteilt, vergleichbar einer Stunt-Szene, wobei diese in neuraler Weise verbalisiert werden. Der Vorgang wird so lange wiederholt bis die Schritte sitzen und mit den Absichten der Figuren unterfüttert werden können. Gemeinsam mit der Schauspielerin Nina Kronjäger und dem Schauspieler Hans-Werner Meyer führt Intimitäts-Koordinator David Thackeray in einem Live Workshop seine Arbeit eindrucksvoll vor. Meyers Erfahrungsbericht: „Diese Methode funktioniert wunderbar. Nur ein angstfreies Arbeiten garantiert künstlerische Freiheit. Die Kamera sieht alles, und nur, wenn die Kollegen keine Angst vor Missbrauch welcher Art auch immer haben müssen, können sie sich ganz in den Dienst ihrer Figur stellen.“

Inspiriert durch das anregende Panel hat der BFFS ein weiteres Ziel. Intimitäts-Koordinatoren sollten künftig bei der Filmaufnahme von Intimszenen den Schauspielerinnen und Schauspieler an die Seite gestellt werden. Ein Standard, der auch tariflich geregelt werden sollte. Das wäre ein gutes Signal und ein beachtlicher Schritt auf dem Weg zum Kulturwandel.