Selbstständige und Unständige ziehen leider beim Kurzarbeitergeld den Kürzeren

Heinrich Schafmeister
3. April 2020

Der neue Kurzarbeits-Tarifvertrag, den BFFS und ver.di mit der Produzentenallianz aushandeln konnten, findet in der Drehbranche immer mehr Zuspruch –

  • bei den Produktionsfirmen, weil sie auf diese Weise ihren durch die Corona-Krise verursachten finanziellen Schaden reduzieren und ihr Unternehmen vor dem Ruin retten können,
  • bei Filmschaffenden und Schauspieler*innen, weil sie so trotz totalem Ausfall der Dreharbeiten einen maßgeblichen Teil ihrer Gagen sichern können, ohne mit rechtlichen Schritten gegen ihre Produktionsfirmen vorgehen zu müssen – mit gewiss stressigen und kostenintensiven Arbeitsgerichtsverfahren, aber ungewissem Ausgang.

Allerdings kann auch der beste Tarifvertrag an bestimmten gesetzlichen Regelungen des Kurzarbeitergelds nichts ändern.

Nicht alle Mitarbeiter*innen können vom Kurzarbeitergeld profitieren: Wer nicht in der Arbeitslosenversicherung pflichtversichert ist, kann kein Kurzarbeitergeld bekommen. Dazu gehören unter anderem …

… berufsmäßig unständig beschäftigte Schauspieler*innen.

Berufsmäßig Unständige sind zwar Arbeitnehmer*innen und sozialversicherungspflichtig – aber eben nicht in der Arbeitslosenversicherung. Damit ist ihnen auch der Weg zum Kurzarbeitergeld versperrt (entsprechend der §§ 95 Nr. 3, 98 Abs. 1 Nr. 1, 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III).

Für Unständige gilt wie für alle anderen Arbeitnehmer*innen im Prinzip, dass ihre Arbeitgeber das Betriebsrisiko tragen und die Vergütung zahlen müssen, wenn sie ihnen die Arbeit innerhalb der Vertragszeit nicht anbieten können. Aber wie werden die unter finanziellen Druck geratenen Produktionsfirmen jetzt mit dem Vergütungsanspruch der berufsmäßig unständigen Schauspieler*innen umgehen? Allem Anschein nach wird den Unständigen nur die Verschiebung ihrer Drehtage auf die Zeit nach der Corona-Krise in Aussicht gestellt, ohne sie für die vereinbarte Vertragszeit zu bezahlen.

Bereits Ende letzten Jahres löste die neue Einstufung als Unständige bei vielen Filmschauspieler*innen, vor allem bei denjenigen mit wenigen Drehtagen, ein Sturm der Entrüstung aus. Sie schimpften über ihre hohen (Sozial- und Steuer-)Abzüge, besonders über den Verlust ihres Anspruchs auf Arbeitslosengeld 1 und suchten massenhaft Hilfe beim BFFS. Wenn sie jetzt wieder erleben müssen, dass sie leer ausgehen und mit ihrem Vergütungsanspruch auf die Zeit nach der Corona-Krise vertröstet werden, wird der Sturm von neuem angefacht. Der BFFS wird sich für sie einsetzen!

… und natürlich die selbstständig tätigen Filmschaffenden

Für Selbstständige ist die Lage noch eindeutiger. Sie sind sowieso nicht pflichtig in der Arbeitslosenversicherung. Kurzarbeitergeld kommt bei ihnen nicht in Frage.

Für sie gilt zudem der Grundsatz: Ohne Leistung keine Gegenleistung. Sie müssen jetzt also fürchten, für die ausgefallene Arbeit gar keine Vergütung beanspruchen zu können.

Ein Problem, mit dem sich wir Schauspieler*innen ausnahmsweise mal nicht befassen müssen, gelten wir doch in der Regel als Arbeitnehmer. Aber viele unserer Kolleg*innen im Filmteam arbeiten auf Rechnung. Sie ziehen jetzt gleich doppelt den Kürzeren.