Bayerische Künstlerhilfe – Licht, Schatten, dann Update

Heinrich Schafmeister
24. Mai 2020

Am 14. Mai präsentierte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, seine Minister*innen Judith Gerlach (Digitales, Kino, Film) und Bernd Sibler (Wissenschaft, Kunst) ein für Deutschland beispielloses Hilfsprogramm für die bedürftigen bayerischen Künstler*innen. Beispiellos, weil es die erste Unterstützung hierzulande ist, die alle Künstler*innen im Blick hat – nicht nur soloselbstständige bzw. Mitglieder der Künstlersozialkasse, sondern auch kurz befristet Beschäftigte, die wegen dieses Sozialstatus nicht in die Künstlersozialkasse dürfen wie z. B. wir Schauspieler*innen.

Denn wirtschaftlich gesehen teilen wir Schauspieler*innen das Schicksal unserer soloselbstständigen Künstlerkolleg*innen. Auch wir haben keine festen (heißt, keine unbefristete) Anstellungen. Wir hangeln von Rollenengagement zu Rollenengagement wie andere Künstler*innen von Auftrag zu Auftrag. Engagements und Aufträge, die wegen der Corona-Krise alle weggebrochen sind.

Deswegen waren wir besonders gespannt, wie sich der vorbildliche Ansatz in der Wirklichkeit des konkreten Antrags darstellt. Seit etwa einer Woche ist dieser Antrag online und zur Freude mischt sich auch Enttäuschung.

Hier geht‘s zum Antrag des bayerischen Künstlerhilfsprogramms …

Screenshots des Online-Antrags vom bayerischen Künstlerhilfsprogramm …

UPDATE der FAQ Künstlerhilfsprogramm (vom bayerischen Kunstministeriums, Stand: 26. Mai 2020) …

Zunächst hält das Programm, was es verspricht: Auch ohne Mitgliedschaft in der Künstlersozialkasse, also auch wir Schauspieler*innen können bei Bedürftigkeit bis zu 1.000,- € an jeweils drei Monaten für den Lebensunterhalt erhalten.

Aber viele Bedürftige waren seit Ausbruch der Corona-Krise Mitte März inzwischen so bedürftig, dass sie in den sauren Apfel gebissen, die Grundsicherung beantragt und sie auch bekommen haben – teilweise mit Abstrichen, je nach Einkommen der Partner*innen in der Bedarfsgemeinschaft. Wer aber schon Grundsicherung oder andere Soforthilfen des Bundes oder des Freistaats Bayern bekommt bzw. angemeldet hat, wird von dieser Künstlerhilfe ausgeschlossen. Das ist einerseits nachvollziehbar, weil Bayern natürlich Doppelzahlungen für den Lebensunterhalt vermeiden will. Andererseits ist leider festzuhalten: So geeignet dieses bayerische Künstlerhilfsprogramm besonders für uns Schauspieler*innen wäre, so sehr kam dieses Angebot doch zu spät für die Künstler*innen, die bereits in ihrer finanziellen Not die Grundsicherung beantragt hatten.

Allerdings sollte hier ein Missverständnis auf Seite der Künstler*innen ausgeräumt werden: Wer einen Antrag zu einer anderen bayerischen oder Bundes-Soforthilfe gestellt hat, diesen aber wieder zurückgezogen hat oder ihn nicht bewilligt bekam, darf durchaus an diesem Künstlerprogramm teilnehmen. Denn in dem FAQ des bayerischen Künstlerhilfsprogramm steht: „Eine Antragstellung ist auch möglich, wenn der Antragsteller für die bereits beantragte Grundsicherung oder die bereits beantragte(n) Soforthilfe(n) Corona des Freistaats Bayern und des Bundes einen Ablehnungsbescheid erhalten hat oder sich ein parallel laufender Antrag auf andere Weise, z. B. durch Rücknahme, erledigt hat.“

Dennoch bleibt nicht nachvollziehbar, warum diejenigen von der Künstlerhilfe ausgeschlossen werden, die vom Bund oder von Bayern keine Gelder für den Lebensunterhalt bekommen bzw. beantragt haben, sondern nur eine finanzielle Unterstützung zur Aufrechterhaltung des eigenen Betriebes. Das eine hat doch nichts mit dem anderen zu tun, Doppelzahlungen für denselben Zweck bleiben ausgeschlossen.

Der BFFS wird vor allem in diesem Punkt bei den verantwortlichen Stellen in Bayern nachfragen.

Update vom 26.05.2020:

Und offensichtlich hat das bayerische Kabinett schnell gehandelt. Denn schon heute modifizierte es sein Künstlerhilfsprogramm zum zweiten Mal im Sinne des BFFS.

Ab heute ist ein Antrag auf Finanzhilfe nach dem Künstlerhilfsprogramm neben einem Antrag auf Soforthilfe Corona des Freistaats Bayern oder des Bundes möglich, wenn, wie es heißt, „Leistungen nach der ‚Soforthilfe Corona‘ von weniger als 3.000 Euro bezogen wurden. Die Leistungen nach der ‚Soforthilfe Corona“ werden auf die Leistungen nach dem Künstlerhilfsprogramm angerechnet. Mit Leistungen nach dem Künstlerhilfsprogramm kann damit eine Aufstockung der Hilfsleistungen auf insgesamt bis zu 3.000 Euro erfolgen.“

Allerdings: „Wer Grundsicherung bezieht oder beantragt hat, kann für diesen Zeitraum keinen Antrag nach dem Künstlerhilfsprogramm stellen“, ist in den überarbeiteten FAQ Künstlerhilfsprogramm (Stand: 26. Mai 2020) zu lesen.

Aber: „Die Finanzhilfe nach dem Künstlerhilfsprogramm kann jedoch nachträglich durch Grundsicherung aufgestockt werden, sofern die Finanzhilfe zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht ausreichend ist. Sie ist im Falle einer Antragstellung auf Grundsicherung anzugeben.“ Und Künstler*innen, „die für die zurückliegenden Monate einen Antrag auf Grundsicherung gestellt haben, können für zukünftige Monate einen Antrag auf eine Finanzhilfe aus dem Künstlerhilfsprogramm stellen. Eine Antragstellung ist auch möglich, wenn sich ein parallel laufender Antrag auf Grundsicherung auf andere Weise, z. B. durch Rücknahme, erledigt hat.“

Der BFFS freut sich über die zügige Reaktion auf seine Anregungen durch die bayerische Landesregierung und appelliert an alle anderen Bundesländer, möglichst schnell dem bayerischen Vorbild zu folgen und endlich Hilfsprogramme für den Lebensunterhalt aller Künstler*innen einzurichten – einschließlich der Schauspieler*innen, die auch bedürftig, aber eben nicht soloselbstständig und nicht der Künstlersozialkasse angehören.