Der lange Nachhall von nur 15 Minuten

BFFS Geschäftsstelle
10. März 2021

Stichtag: 14.07.2011

Die verlängerte „Mittags- + Besinnungspause“

Was machen wir als Gewerkschaft, wenn Verhandlungen in der Sackgasse stecken? Wie können wir Schauspieler*innen unseren Forderungen Nachdruck verleihen? Wie können wir unsere schauspielspezifische Position in Stärke umwandeln? Vor diesen Fragen standen wir genau nach einem Jahr seit Aufnahme der Tarifverhandlungen mit der Produzentenallianz am 14.07.2010 (1.486 Mitglieder).

Unsere Drehtagsgagen waren damals teilweise auf ein Niveau runtergerutscht, das unterhalb der Bezahlung von Filmtieren lag – für Hunde 350 €, für Katzen 400 €, für Kühe 450 €. Der BFFS stritt – Seite an Seite mit ver.di – für einen Schauspieltarifvertrag, in dem eine Gagenuntergrenze für Schauspielanfänger*innen festgeschrieben werden sollte. Diese Gagenuntergrenze sollte sich natürlich deutlich von der „tierischen“ Bezahlung abheben und die Gagen der Kolleg*innen mit mehr Erfahrung sollten entsprechend oberhalb der Anfängergagen liegen und nach wie vor individuell zwischen Produktion und Schauspieler*in verhandelbar bleiben. Aber die Produzentenseite hielt an einer Mindest- oder Basisgage für alle Schauspieler*innen fest und bot dafür 400 € bis 500 € an. Die Positionen lagen also meilenweit auseinander und die Gespräche waren an einem toten Punkt angelangt.

Gewerkschaft zu sein, kann noch so fett in der Verbandssatzung stehen, Papier ist geduldig – wenn eine Gewerkschaft nicht wie eine solche agieren will oder kann, ist sie keine Gewerkschaft. Der BFFS musste und wollte ein Zeichen setzen. Getreu seines Mottos, „Wir kommen Euch anders“, plante der BFFS, am 14.07.2011 (dem Jahrestag des Verhandlungsstarts und der französischen Revolution 😉 mit 14 instruierten Schauspieler*innen an 7 ausgewählten Drehorten so zahlensymbolisch wie überraschend eine Warnaktion zu starten. Von den starken Schultern einiger Protagonisten getragen sollten an den Sets auch andere BFFS-ler ihre Mittagspause um etwa 15 Minuten verlängern und damit eine „Besinnungspause“ einlegen.

„Wir kommen Euch anders“, hatten sich offensichtlich auch andere Kolleg*innen gedacht und so fühlten sich am Ende mehr als das Doppelte der vorgesehenen Schauspieler*innen und ungezählte Teammitglieder ermuntert, an der verlängerten „Mittags- + Besinnungspause“ teilzunehmen. Eine BFFS-Aktion, die nicht zuletzt deswegen so erfolgreich war, weil sie von ver.di und ihren Mitgliedern flankiert wurde und in eine Drehlandschaft platzte, in der Streiks komischerweise für ein Ding der Unmöglichkeit gehalten wird. Diese 15 Minuten damals waren kurz, aber sie reichten, um sich auszumalen, wie lang sie werden könnten – und sie hallten nach.

Noch am selben Tag signalisierte die Produzentenseite Verhandlungsbereitschaft, der dickste Stein auf dem Weg zu einem tariflichen Abschluss war aus dem Weg geräumt.