„Formel-Kompromiss“ löst Verteilungsstreit

BFFS Geschäftsstelle
17. März 2021

Stichtag: 12.11.2013

„Wenn zwei sich streiten“, wissen wir, freut sich normalerweise der Dritte. Aber wenn zehn oder mehr im Clinch liegen, kommt auch bei den restlichen wenig Freude auf. So war die Situation jahrelang unter den Filmkreativen. Ihre Verbände und Gewerkschaften trafen sich immer wieder, um gemeinsam den Bären zu erlegen, soll heißen, bei den Verwertern wie den Sendern, den Kinoproduzenten usw. Erlösbeteiligungen durchzusetzen. Denn seit dem Jahr 2002 bot das Urheberrecht den Kreativen bessere gesetzliche Instrumente, den Anspruch auf Erlösbeteiligungen durchzusetzen. Aber die unterschiedlichen Gewerke der Filmkreativen hatten sich heillos in einen Streit verstrickt, wie das Fell des Bären unter ihnen verteilt werden soll. Und zwar so sehr, dass der Bär lange Zeit nicht erlegt, ja nicht einmal in Sichtweite war.

Erst im Mai 2013 war es ver.di und BFFS gelungen, mit der Produzentenallianz einen Tarifvertrag auszuhandeln, der zum ersten Mal im Filmbereich, genauer für Kinofilme, Erlösbeteiligungen an die Filmkreativen regelte. Der Bär war erlegt. Aber nun standen wir wieder vor der verflixten Bärenfellfrage: Wie soll diese Erlösbeteiligung auf welche Gewerkangehörige mit welchen Anteilen verteilt werden? Und wie sollten jetzt innerhalb eines halben Jahres die in dieser Frage seit über 10 Jahren völlig zerstrittenen Gewerke sich auf einen Kompromiss einigen?

Der Verteilungsstreit unter uns Filmkreativen war nach wie vor völlig verfahren und lief ungefähr nach folgendem Muster ab. Während ein Gewerk 1 gegenüber dem Gewerk 2 mit dem Argument A auftrumpfte, um einen größeren Anteil vom Kuchen zu beanspruchen, griff das gleiche Gewerk 1 zu Argument B gegenüber dem Gewerk 3, weil es dort mit dem Argument A im Nachteil wäre usw. Und so kämpfte jeder gegen jeden mit immer anderen Argumenten.

Die Idee des BFFS war, den Streit (soweit es geht) zu versachlichen. Der BFFS entwarf eine Formel, die sogenannte „Kreativgruppenformel“, in der alle strittigen Argumente eingebaut waren. BFFS und ver.di luden alle in Betracht kommenden Berufsverbände ein, an einer Binnenverteilungsrunde teilzunehmen. Am Tisch saßen schließlich Vertreter*innen aller urheberrechtlich relevanten Gewerke und fast alle dazugehörigen Berufsverbände. Ihre hauptsächliche Aufgabe in den elf folgenden Runden war, anhand von 101 Kinofilmen die strittigen Kriterien zu messen oder zumindest einzuschätzen und anschließend durch das Festlegen von Faktoren das argumentative Gewicht der jeweiligen Kriterien untereinander ins Verhältnis zu setzen. Dann wurden die Werte und Faktoren in die Formel eingefügt und sie berechnete für die Kreativgewerke die Prozente der Binnenverteilung – mit denen natürlich zunächst alle Gewerke gleichermaßen unzufrieden waren.

Aber am 12.11.2013 stand der Kompromiss mit einer entsprechenden Schlusserklärung. Zum ersten Mal hatten sich alle betreffenden Gewerke auf die Verteilung des Bärenfells geeinigt. Diese Einigung wurde von den Gewerkschaften BFFS und ver.di übernommen und von der Produzentenallianz akzeptiert. Die Kreativgruppenformel als Instrument der Kompromissfindung wurde nicht nur von Urheberrechtsexperten bestaunt, sie wurde auch später zur Einigung unter den Synchronkreativen erfolgreich eingesetzt.