Impf-Empfehlung ./. Impf-Abfrage

Heinrich Schafmeister
10. September 2021

Ja zur Impf-Empfehlung

Der BFFS nimmt die von vielen Kolleg*innen geäußerte Sorge vor einer neuen Zuspitzung der Pandemie zum kommenden Winter hin sehr ernst.

Wir alle mussten die traurige Erfahrung machen, dass Theater mit das Erste ist, was verboten wird, wenn die Corona-Gefahr zunimmt – Sicherheitskonzepte hin oder her. Zwei Drittel bis drei Viertel aller Schauspieler*innen leben hauptsächlich von Theaterstück-Engagements. Diese Schauspieler*innen durften wegen der Pandemie ihren Beruf nicht ausüben, bekamen fast ein Jahr lang kaum staatliche Hilfen. Sie haben teilweise angefangen, ihre Altersvorsorge aufzubrauchen, sie standen am Abgrund, lange Zeit ohne Perspektive, ab wann wieder gespielt werden darf.

Jetzt kommt die Theaterszene langsam wieder in Gang, sehr vorsichtig, mit halb angezogener Bremse, mit halb gefüllten Häusern (und deswegen gekürzten Gagen). Das Publikum sehnt sich zwar nach Theater, bleibt aber ängstlich zurückhaltend. Denn die Gefahr ist noch lange nicht gebannt, die Inzidenz-Werte steigen wieder, besonders bei den Ungeimpften, aber mit gesamtgesellschaftlichen Folgen. Niemand von uns möchte das ganze Elend ein zweites Mal durchmachen.

Die Kolleg*innen erwarten vom BFFS, dass er die Bemühungen unseres Landes unterstützt, um ein erneutes Aufflammen der Corona-Gefahr zu verhindern. Und versprochen: Der BFFS stellt sich gemeinsam mit anderen gesellschaftlich relevanten Gruppierungen hinter alle Maßnahmen, die geeignet sind, die Pandemie, die einen hohen Tribut von uns Schauspieler*innen gefordert hat, zu bekämpfen. Dazu gehört natürlich auch, dass der BFFS sich an den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission orientiert.

Nein zu Impf-Abfragen von Arbeitgeber*innen

Auf der anderen Seite sind wir Schauspieler*innen keine Selbstständigen und keine Angestellte zweiter Klasse. Für uns gilt das Gleiche, was für alle Arbeitnehmer*innen selbstverständlich ist: Wir sind nicht verpflichtet, unseren Arbeitgeber*innen zu unserem Impfstatus Auskünfte – oder wahre Auskünfte – zu geben. Solche Abfragen an Arbeitnehmer*innen sind grundsätzlich unzulässig. Wir arbeiten auch nicht in gesundheitssensiblen Betrieben wie Kitas, Schulen oder Pflegeheimen, für die gewisse Ausnahmen diskutabel sind. Der Bundestag hat gerade die Liste dieser Bereiche, in denen die Auskunftsabfrage zum Impfstatus ausdrücklich erlaubt werden soll, präzisiert und sie damit genau von den anderen Branchen abgesetzt, in denen solche Auskunftsanfragen eindeutig unzulässig bleiben.

Und solange der Gesetzgeber bei dieser Linie bleibt, wird der BFFS für uns Schauspieler*innen keine arbeitnehmerrechtlichen Sonderopfer akzeptieren. Wir sind auch nicht in irgendeiner Weise „moralisch“ gehalten, voranzupreschen und unsere Rechte über Bord zu werfen. Wir heißen nicht nur, wir sind auch in besonderem Maße „abhängig Beschäftigte“. Diese Abhängigkeit ist der eigentliche Grund für die zahlreichen Schutzvorschriften, die das Arbeitsrecht vorsieht. Erstrecht wir kurz befristet Beschäftigten befinden uns in großer Abhängigkeit, weil wir viel weniger auf gesicherte Einnahmen vertrauen können als die Festangestellten. Wir sind darauf angewiesen, immer wieder neu engagiert zu werden. Vor allem wir Schauspieler*innen haben den arbeitsrechtlichen Schutz bitter nötig. Gerade von uns kann unmöglich „moralisch“ erwartet werden, auf eine dieser Schutzbestimmungen selbstlos zu verzichten.

Sollten also – bei gegenwärtiger Rechtslage – unzulässiger Weise Casting-Direktor*innen, Produzent*innen oder andere Instanzen der Filmfirmen quasi als Vorbedingung unseren Impfstatus abfragen wollen, kann diese unzulässige Frage wahrheitswidrig beantwortet werden. Denn die bloße Nichtbeantwortung der Frage käme einer Negativauskunft gleich und damit wäre – nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes – das unzulässige Frageziel erreicht.

Der BFFS empfiehlt seinen Mitgliedern, sich in solchen Fällen an ihn zu wenden. Und er empfiehlt allen Mitgliedern, allen Schauspieler*innen, überhaupt allen Bürger*innen dieses Landes, sich – wenn möglich – impfen zu lassen. Das sind für den BFFS die zwei Seiten der selben Medaille.