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Arbeitslosengeld für Schauspieler*innen bald fest im Gesetz

Heinrich Schafmeister
28. November 2022

Jahrelang haben der Bundesverband Schauspiel e.V. (BFFS) und ver.di dafür gekämpft – nun will die Ampel das provisorische Gesetz entfristen: Ab Januar 2023 soll die verkürzte Anwartschaftszeit zum erleichterten Arbeitslosengeld-1-Anspruch für kurz befristet Beschäftigte ohne zeitliche Begrenzung gelten.

Berlin, 28. November 2022 – Der Bundestagausschuss „Arbeit und Soziales“ behandelte heute das 8. Änderungsgesetz des SGB IV und andere Gesetze. Demnach wird der Bundestag im Dezember auch den § 142 Absatz 2 SGB III zum Arbeitslosengeld-1-Anspruch für kurz befristet Beschäftigte ändern. Die in diesem Paragrafen verankerte verkürzte Anwartschaftszeit von sechs Monaten und ihre auf Projektbeschäftigte abgestimmten Zusatzbedingungen werden entfristet. Das Gesetz soll ab 1. Januar 2023 seinen zeitlichen Vorbehalt verlieren und kein Provisorium mehr sein. Die Frist, mit der die Regelung Ende dieses Jahres ohne Ersatz ausgelaufen wäre, wird gestrichen. Damit wird der soziale Schutz für immer wieder nur kurz befristet Projektbeschäftigte, darunter die meisten der insgesamt ca. 16.000 Schauspieler*innen, auch künftig gewährleistet.

„Wir freuen uns sehr, dass die im Koalitionsvertrag zugesagte Entfristung jetzt zum Jahresende tatsächlich umgesetzt werden soll. Das ist ein schönes Happyend! Schließlich hat der BFFS seit seiner Gründung für eine Lösung in der Sache gekämpft und noch bis vor kurzem gemeinsam mit ver.di auf die Streichung der Auslauffrist gedrungen. Dieser Strich ist kein Schlussstrich für das Engagement des BFFS. Der Weg ist noch weit, bis wir Schauspieler*innen wirklich umfassend sozial-fair-sichert sind. Aber dieser Strich ist uns ein Fest. Das Gesetz steht nun fest“, erklärt BFFS-Vorstandsmitglied Heinrich Schafmeister.

Mit der Gesetzesänderung haben die Schauspieler*innen in Deutschland auch zukünftig eine faire Chance, die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld 1 zu erfüllen. So zahlen sie nicht mehr nur ständig in die Sozialversicherung ein, sondern können im Bedarfsfall auch selbst davon profitieren.

Die aktuelle und künftig unbefristete Regelung:

Arbeitslosengeld 1 kann auch dann gewährt werden, wenn jemand in den letzten zweieinhalb Jahren statt zwölf nur sechs Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt war. Doch auf diese verkürzte Anwartschaftszeit kann sich nur berufen, wer die meisten Sozialversicherungstage aus Engagements, die nicht länger als 14 Wochen dauerten, gesammelt hat, und das jährliche Arbeitsentgelt nicht über der Grenze von derzeit 59.220 Euro lag.

Zur Historie:

2006
Durch die Hartz-Reformen wurde die Arbeitslosenhilfe abgeschafft und die Anspruchsvoraussetzungen für Arbeitslosengeld so erschwert, dass Schauspieler*innen zwar nach wie vor verpflichtet waren, Beiträge zu zahlen, aber keinerlei Chancen mehr hatten, bei Bedarf jemals Arbeitslosengeld zu beanspruchen. Von Anfang an machte der BFFS sich stark, diese Ungerechtigkeit zu bekämpfen.

Im Jahr 2009 wurde – nach intensiven Anstrengungen des BFFS und ver.di – eine auf sechs Monate verkürzte Anwartschaftszeit eingeführt, die eigens für kurz befristet Beschäftigte gedacht war, um auch ihnen einen fairen Anspruch auf Arbeitslosengeld wieder zu ermöglichen. Die verkürzte Anwartschaftszeit war allerdings mit dermaßen restriktiven Voraussetzungen gekoppelt, dass sie ihre erwünschte Wirkung nicht entfalten konnte. Gastierende Bühnenschauspieler*innen oder Filmschaffende mit Engagements über sechs Wochen oder mit einem Jahreseinkommen über 30.240 € konnten sich nicht auf die verkürzte Anwartschaftszeit berufen. Die Regelung war von vorneherein befristet, zunächst auf den 1. August 2012.

Im Jahr 2012 beschloss die nachfolgende Regierung, die Voraussetzungen der verkürzten Anwartschaftszeit etwas zu entkrampfen, weil BFFS und ver.di nicht lockerließen. Das 6-Wochen-Kriterium für kurz befristete Beschäftigungen wurde auf zehn Wochen erhöht. Versehen war die Regelung wieder mit einer Befristung, diesmal auf den 31. Dezember 2014. Der BFFS und ver.di setzten sich weiter für eine Verbesserung ein. Das Auslaufdatum der Regelung wurde zwar nach und nach verlängert, sie blieb aber befristet.

Kurz vor Ablauf des Jahres 2018 gelang der Durchbruch: BFFS und ver.di hatten immer wieder nachgehakt, bis der Gesetzgeber sich endlich durchrang, die verkürzte Anwartschaftszeit zu reformieren. Als Maßstab für kurz befristete Beschäftigungen gelten nunmehr 14 Wochen. Die ausschließende Jahresverdienstgrenze wurde entschärft und liegt jetzt knapp unter 60.000 €. Außerdem erweiterte die Große Koalition auch die Rahmenfrist von zwei auf zweieinhalb Jahre. So stiegen die Chancen der Schauspieler*innen, die verkürzte Anwartschaftszeit für den Arbeitslosengeld-1-Anspruch in dieser verlängerten Rahmenfrist zu erfüllen. Die Reform war gelungen. Sie trat Anfang 2020 in Kraft, BFFS und ver.di waren zufrieden – bis auf einen Punkt: Immer noch blieb die Regelung befristet, diesmal bis zum 31. Dezember 2022.

Ende 2021 wechselte die Regierung. Der Koalitionsvertrag der Ampel versprach, den § 142 Absatz 2 SGB III zu „entfristen“, doch danach war wieder nichts mehr davon zu hören. BFFS und ver.di sahen sich veranlasst, die Regierung an ihr Versprechen im Koalitionsvertrag zu erinnern – und wurden nicht enttäuscht.

Honorarfreies Foto von Heinrich Schafmeister (© Kornelia Boje) zum Download

Gruppenfoto Besuch im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (v.l.n.r.: Heinrich Schafmeister (BFFS), Katharina Abt (BFFS), Markus Fuß (ver.di), Bernhard F. Störkmann (BFFS) und Matthias von Fintel (ver.di) (© Katharina Abt)

Über den Bundesverband Schauspiel e.V. (BFFS):

BFFS steht für Bühne, Film, Fernsehen, Sprache. Gegründet 2006 ist der BFFS als Verband und Gewerkschaft mit seinen über 3.900 Schauspieler*innen inzwischen die größte nationale Schauspielorganisation und mitgliederstärkste Berufsvertretung der deutschen Film-, Fernseh- und Theaterlandschaft. Der BFFS vertritt die berufsständischen sowie gewerkschaftlichen Interessen der Schauspieler*innen in Deutschland. Er will die kulturellen, gesellschaftlichen, politischen, rechtlichen, tariflichen und sozialen Rahmenbedingungen verbessern bzw. schaffen, die sowohl den einzigartigen Schauspielberuf schützen, bewahren und fördern als auch die besondere Lebens- und Erwerbssituation der Künstler*innen berücksichtigen, die diesen Schauspielberuf ausüben. Der Vorstand des BFFS arbeitet ehrenamtlich.

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