Einer der größten Herausforderungen der derzeitigen Tarifverhandlungen zum Mantel- und Schauspieltarifvertrag im Film-Fernsehbereich ist das Thema Künstliche Intelligenz (KI). Die Tarifparteien BFFS, ver.di und Produktionsallianz haben sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, den Einsatz von KI im Rahmen von Dreh-Engagements in einen gesonderten Anhang zum bisherigen Tarifwerk zu regeln. Dieser Anhang soll eine kurze Laufzeit haben, damit die Tarifparteien sowohl der Arbeitgeber*innen- als auch der Arbeitnehmer*innen-Seite auf die rasanten und noch nicht überschaubaren Entwicklungen der neuen Technologie zeitnah reagieren zu können.
Die eigens für die KI-Thematik geschaffene Arbeitsgruppe hat sich konstruktiv auf den Weg gemacht, kommt allerdings nur sehr langsam voran – aus drei Gründen:
BFFS und ver.di haben nicht die Erwartung, mit einem ersten tariflichen KI-Abschluss all unsere KI-Ängste zerstreuen zu können.
Die grundsätzlichen urheber- und persönlichkeitsrechtlichen KI-Fragen müssen sowieso auf bundes-, ja, sogar auf europapolitischer Ebene geklärt werden. Hier nutzen BFFS und ver.di ihre Mitgliedschaft und ihr Engagement in der Initiative Urheberrecht, in denen viele gleichgesinnte Berufsverbände organisiert sind. Denn durch das Engagement der Initiative Urheberrecht und damit durch die Mitwirkung von BFFS und ver.di ist Europa weltweit führend, die immense technische Revolution, die KI bedeutet, in geregelten Bahnen zu lenken.
BFFS und ver.di hoffen, gemeinsam mit der Produktionsallianz einen ersten tariflichen KI-Abschluss zu vereinbaren, der vielleicht noch nicht sofort alle denkbaren KI-Fallkonstellationen im Zusammenhang mit Film- und Fernseh-Engagements abdeckt, der aber das Fundament legen sollte, auf das die Parteien künftig weitere tarifliche KI-Bausteine setzen können. Denn noch kann keiner die KI-Entwicklung im Detail vorhersagen.
Aber die Geschichte der Arbeitswelt lehrt uns: Gewaltige Transformationsprozesse wie dieser, in denen wir durch den Einsatz von KI gerade hineingeraten, werden am besten gemeistert, wenn beide Seiten sie partnerschaftlich mit fairen Tarifverträgen flankieren.
Darum wird der BFFS die gekündigten Mantel- und Schauspielverträge im Film-Fernseh-Bereich nur dann neu abschließen, wenn mit der Produktionsallianz auch und gerade zum Thema KI ein erster Einigungsschritt möglich ist.
Mit gleicher Entschlossenheit wendet sich der BFFS auch an mächtige Verhandlungspartner der Synchronbranche. Das ist dringend notwendig, weil dort die Berufe unserer Kolleg*innen von KI noch viel unmittelbarer bedroht sind.
Heinrich Schafmeister, 1957 im Ruhrgebiet geboren, dort sozialisiert, wurde Straßen- und Rockmusiker, studiert an der Folkwang-Hochschule Schauspiel und arbeitet seit 1984 als Schauspieler. Er war seit Gründung des BFFS 17 Jahre lang dort im Vorstand zuständig für Sozialpolitik und Tarifverhandlungen und kümmert sich auch nach seinem Ausscheiden aus dem Vorstand als Bevollmächtigter um Tarifverhandlungen.