20250510 Ein Weiterer Teil Wird Normaler

Ein weiterer Teil wird „normaler“

Heinrich Schafmeister
11. Mai 2025

NV Bühne mit mehr Planbarkeit und Entlastung unserer Arbeitszeit

Der „Normalvertrag Bühne“ („NV Bühne“) muss „normal“ werden! Das haben sich die Schwestergewerkschaften GDBA, BFFS und VdO vorgenommen, spätestens seit dem 01. Juni 2022, dem Tag, als die drei sich zusammentaten und begannen, mit dem Deutschen Bühnenverein die tariflichen Rahmenbedingungen für öffentlich-rechtlich getragene Stadt-, Landes- und Staatstheater zu reformieren. Denn …

… die damals am gesetzlichen Mindestlohn kratzende tarifliche Mindestgage des NV Bühne – war nicht „normal“;

… die bislang mangelnde tarifliche Absicherung von gastierenden Künstler*innen – war nicht „normal“;

… die im NV Bühne kaum geregelten, kaum planbaren und oft strapaziösen Arbeitszeiten – sind nicht als „normal“ zu bezeichnen

… und die laut NV Bühne fast unbeschränkten Möglichkeiten, uns Künstler*innen, die wir sowieso nur maximal auf Spielzeit befristet beschäftigten werden, nach Gutdünken der Theaterleitungen „nicht zu verlängern“, sprich, uns loszuwerden – sind alles andere als „normal“.

An diesen vier Baustellen wird kräftig gearbeitet. Stück für Stück, Teil für Teil. So sind seit dem 01. September 2022 unsere Bühnengagen kräftig angestiegen und dynamisiert. Für Gäste wurde gerade, am 05. März 2025 ein neuer „Tarifvertrag Gast“ geschaffen. Damit haben die Tarifparteien bereits zwei wichtige Teil-Normalisierungen vorgenommen.

Jetzt, am 08. Mai 2025 ist ein weiterer NV-Bühne-Teilabschluss zum Thema Arbeitszeiten gelungen. Dieses Kapitel ist zwar noch nicht zu Ende reformiert, aber für alle künstlerischen Bühnenangehörige – Solo-Künstler*innen, Tanzensemble, Opernchor und Bühnentechnik – werden die Arbeitszeiten entlastet und planbarer.

Speziell wir Schauspieler*innen profitieren von …

Arbeitszeitentlastungen …
  • Ein freier Werktag jede Woche
  • Der halbe freie Tag kann nicht mehr am Sonntagvormittag gegeben werden
  • Ein halber freier Vormittag endet frühestens um 14 Uhr
  • Am halben freien Tag dürfen nur 4 Stunden – bei Endproben 5 Stunden – disponiert werden
  • Für die Arbeit am Wochenfeiertag gibt es einen Ausgleichstag innerhalb von 8 Wochen
  • Es gibt 8 x 2 zusammenhängende freie Tage mit einem Sonntag, davon mindestens 4 x Samstag und Sonntag
  • Zusätzlich gibt es 8 x in der Spielzeit anderthalb zusammenhängende freie Tage
  • 3 probenfreie Kalendertage nach der Premiere
  • Nach der Vorstellung werden pauschal 30 Minuten Abrüstzeit berechnet
  • 4 Stunden Ruhezeit zwischen Proben, 10 x in der Spielzeit sind Verkürzungen auf 3 Stunden möglich, für jede Verkürzung gibt es ein Drittel der Tagesgage
  • 4 Stunden Ruhezeit vor der Vorstellung, 5 Stunden Ruhezeit bei außergewöhnlicher Belastung (z. B. große Rolle / Partie)
  • Die Nachtruhezeit von 11 Stunden darf nur noch aus unvorhergesehenen Gründen auf 10 Stunden verkürzt werden, dafür wird ein halber freier Tag innerhalb von zwei Wochen gewährt
  • Proben – außer bei Vorstellungen und Endproben – dauern maximal 7 Stunden am Tag

und mehr Planbarkeit unserer Arbeitszeit …
  • Einführung eines verbindlichen Wochenplans am Donnerstag der Vorwoche
  • Einführung einer unverbindliche Wochenvorschau für die übernächsten Woche
  • Die freien Werktage müssen 6 Wochen im Voraus bekannt gegeben werden
  • Die halben freien Tage müssen mit dem Wochenplan bekannt gegeben werden
  • Die freien Tage können nur im Einvernehmen geändert werden
  • Änderungen des Wochenplans nur noch unter definierten Voraussetzungen
  • Änderungen des Wochenplans müssen gesondert mitgeteilt werden
  • Keine Änderung mehr nach 14 Uhr des Vortags
  • Wenn der Weihnachtstag (24.12.) nicht frei ist, muss es der Tag der Arbeit (01.05.) sein

Bereits am 01. August 2025 …

… werden – mit einigen Ausnahmen – diese Regelungen zu freien Tagen, Ruhezeiten und Wochenplänen wirksam.

Die Anfänge des NV Bühne reichen zurück ins Jahr 1924. Das ist über 100 Jahre her und erklärt, warum wir bei diesem Tarifvertrag heute so manchen Nachholbedarf empfinden. Bleiben die „Drei Schwestern“ GDBA, BFFS und VdO so geschlossen, bleiben ihre Mitglieder so entschlossen, bleibt die Atmosphäre am Verhandlungstisch so aufgeschlossen, werden die Tarifparteien im Interesse der deutschen Bühnen und ihrer Künstler*innen weitere praktische Fortschritte durchsetzen und dem NV Bühne – gemessen an unserer heutigen Zeit – mehr und mehr Normalität verleihen.