In den vergangenen Wochen hat der BFFS die Öffentlichkeit über seinen Verhandlungserfolg mit dem Streaminganbieter Netflix informiert. Es geht darum, unter welchen Bedingungen Künstliche Intelligenz in Synchronproduktionen zum Einsatz kommt. Ein Meilenstein, der endlich Orientierung und Rechtssicherheit gibt! Verunsicherung war gestern!
Neben der Freude, dem Dank und der Unterstützung, die der BFFS vor allem von unseren Kolleg*innen, die synchronisieren, zu diesem Abschluss erhalten hat, äußern manche von uns aber auch Sorgen.
Der BFFS nimmt diese Sorgen ernst und möchten gerne auch auf diesem Wege auf sie eingehen:
Was regelt der BFFS in der KI-Vereinbarung mit Netflix?
Damit wir die größtmögliche Kontrolle über unsere Stimme beim Einsatz von KI behalten, hat der BFFS durch seine Vereinbarung mit Netflix da angesetzt, wo es für uns künstlerisch, wirtschaftlich und persönlichkeitsrechtlich relevant wird: Bei der Nutzung von KI-Stimmen in Produktionen. Man spricht auch vom sogenannten „Output“.
- Will Netflix unsere Stimme mittels KI nutzen, braucht Netflix unsere gesonderte und unsere ausdrückliche Zustimmung: Wenn also unsere Stimme mittels KI zum Einsatz kommen soll (z. B. durch wesentliche Veränderungen, digitale Kopie oder die Erzeugung einer synthetischen Stimme), müssen wir vorher unser klares und ausdrückliches schriftliches „Ja“ erteilen. Wann diese Zustimmung erfolgt, ist nicht entscheidend. Ohne UNSERE Zustimmung ist die KI-Verwertung unserer Stimme rechtswidrig. Es gibt keinen Zeitraum, in dem eine KI-Stimme ohne eine solche Zustimmung genutzt werden darf. Wir allein entscheiden – ob, wann und zu welchen Bedingungen wir unsere Zustimmung erteilen oder eben nicht erteilen.
- Wichtig: Die Zustimmung darf nicht schon im Projektvertrag eingeholt werden, es bedarf einer gesonderten Vereinbarung darüber. Wir können also nicht überrumpelt oder gar unter Druck gesetzt werden.
- Weil jede Nutzung unserer Zustimmung bedarf, ist hierfür auch eine Vergütung verhandelbar. Wer zustimmen muss, kann auch Bedingungen stellen. Und dazu gehört natürlich auch die Einforderung einer Vergütung für die Nutzung unserer KI-Stimme.
- Wichtig: Da es (noch) keinen Tarifvertrag mit verbindlichen Gagen für Synchronleistungen gibt und damit auch (noch) keine auf solche Gagen bezugnehmende Vergütungen für KI-Nutzungen möglich sind, arbeitet der BFFS intensiv daran, für die Branche Vergütungstarife durchzusetzen und zu regeln – sowohl für Grund- und Take-Gagen, als auch für Vergütungen von KI-Nutzungen.
- Transparenz durch Kontrolle über die Nutzung unserer KI-Stimmen: Wenn „ausdrücklich“ unsere Zustimmung eingeholt werden muss, damit unsere Stimme mittels KI verwendet werden darf, müssen wir natürlich auch ausdrücklich über den Zweck und über den Umfang informiert werden. Das schafft die nötige Transparenz. Denn wir können nur zu etwas zustimmen, wenn wir auch wissen, wofür. Und damit das möglich ist, muss Netflix sicherstellen, dass immer ganz klar ist, was alles in das KI-Modell eingeflossen ist. Das sogenannte „Black Box“-Problem (dass man nicht nachvollziehen kann, was trainiert wurde) besteht also nicht.
- KI-Training ist nur erlaubt, wenn es wirklich erforderlich ist: KI-Training ist nur zulässig, wenn wir dafür eine Erlaubnis erteilt haben und dann auch nur in einem Umfang, der für die Verbesserung der Netflix-Produktionssysteme von Netflix notwendig ist. Damit wird eine weitere Grenze gesetzt.
- Wichtig: Das sogenannte KI-Training („Input“) veröffentlicht nicht unsere Stimme – und auch nicht Teile davon!
- Netflix darf unsere KI-Stimme nicht ohne weiteres „weiterreichen“. Vollkommen egal, durch wen die Auswertung erfolgt, es ist immer unsere gesonderte und ausdrückliche Zustimmung erforderlich. Auch dann, wenn Netflix bestimmte Inhalte an andere weitergeben sollte. Es gibt keine Umgehungsmöglichkeit.
Was regelt die Vereinbarung gerade nicht?
- Der BFFS-Vertrag wendet deutsches Recht und nicht US-amerikanisches Recht an. Deshalb ist der Vertrag auch keine Hintertür für die Anwendung des US-amerikanischen Rechtsgrundsatzes „Fair-Use“.
- Das heißt, die BFFS-Vereinbarung mit Netflix basiert ausnahmslos auf deutschem Recht. Die Aussage, hier werde US-Recht eingeführt, ist nicht richtig und ergibt sich erst recht nicht aus dem Wortlaut der Vereinbarung.
- Wichtig: Der missbräuchliche Einsatz von KI bedeutet ein Verstoß gegen gesetzliche Regelungen und bedeutet ein Verstoß gegen die Vereinbarung, die der BFFS zum Schutze aller Synchronschauspieler*innen mit Netflix getroffen hat.
Missbrauch, illegale KI-Nutzungen können durch Verträge, wie dem zwischen BFFS und Netflix, nicht zu 100% verhindert werden. Dafür sind letztendlich staatliche Institutionen zuständig. Der BFFS engagiert sich gemeinsam mit seinem internationalen Schauspiel-Dachverband EuroFIA und mit der Initiative Urheberrecht auf europa- und bundespolitischer Ebene, damit der Gesetzgeber wirksame Schutzmechanismen schafft.
Aber Verträge, wie der zwischen BFFS und Netflix, eliminieren die Grauzonen, setzen verbindliche Regeln, die unmissverständlich klären, was erlaubt und was illegal ist. Sie sind mehr als die „halbe Miete“. Sie sind ein fairer Rahmen, an dem sich künftig der Streaminganbieter Netflix und alle Partner, die mit ihm arbeiten wollen, halten müssen und halten werden.
Wir als Synchronschauspieler*in und Künstler*in und unsere wertvolle Stimme werden durch diese BFFS-Vereinbarung nachhaltig geschützt.
Gerade wenn es um neue Technologien, komplexe rechtliche Fragen und unsere kreative Zukunft geht, ist es nur allzu verständlich, dass Unsicherheit entsteht. Schauspiel findet im Studio statt, auf der Bühne oder vor der Kamera – nicht in Paragrafen und Rechtstexten. Aber genau dort wird bestimmt, wie viel Schutz, Mitbestimmung und Kontrolle wir bei KI-Nutzungen künftig haben.
Darüber sollten wir ins Gespräch kommen. Jetzt ist Zeit, zu informieren und unsere Fragen zu beantworten.
Der BFFS lädt daher herzlich zu einer Informationsveranstaltung über die Netflix-KI-Synchron-Vereinbarung ein,
am Donnerstag, 23. Juli 2025, 19:00 – 20:30 Uhr
Die Kontaktdaten der Geschäftsstelle:
Die Geschäftsstelle ist Montag bis Freitag von 09.00 Uhr bis 17.00 Uhr telefonisch unter +49 (030) 225027930, sowie per E-Mail unter info@bffs.de erreichbar.
Bundesverband Schauspiel e.V.
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