Der Alltag des Vorstands dreht sich um den Alltag seiner Mitglieder und den Alltag des Verbandes. Mitglieder wenden sich mit ihren individuellen Problemen an den Verband, Mitglieder haben Fragen und Anregungen. Unsere Geschäftsstelle, unser Vorstand werden reagieren. Unser Verbandsgeschäft muss aufrechterhalten, gelenkt und finanziert werden. Aber der Alltag ist nicht alles, er hält den Status Quo, der Alltag muss letztlich einem Ziel dienen: Den Status Quo für alle Mitglieder, ja, für alle Berufskolleg*innen zu verbessern.
Dafür setzt unser Vorstand drei Prioritäten auf den „Spielplan“ seiner kommenden vierjährigen Amtszeit. Mag unser Alltag auch grau in grau und mit den vielfältigsten Aufregungen gespickt sein – die Drei Prioritäten bieten uns Orientierung und verhindern, dass wir uns im Alltag verzetteln und verschleißen.
1. Verhandlungsaktivitäten fortsetzen und intensivieren
Als der BFFS sich im Jahre 2006 gründetet, umgab uns noch in eine „Wüste“. Sowohl im Film-Fernsehbereich als auch in der Synchronlandschaft gab es keinerlei Tarif- oder andere Kollektivverträge, die uns Schauspieler*innen wirtschaftlich oder sozial in irgendeiner Weise hätten schützen können. Unsere Vergütungen schmolzen dahin. Die Sender waren dabei, unsere Gagen auf 300 € je Drehtag herunterzudrücken und unsere Wiederholungshonorare Stück für Stück abzuschaffen. Im Synchronbereich stagnierten seit Jahrzehnten die Gagen, während alles drumherum teurer wurde. Nur an Stadt-, Landes- und Staatstheater herrschte der NV-Bühne-Tarifvertrag, der aber hoffnungslos überholt den Verfall unserer Gagen am Theater eher beförderte als verhinderte. Um einiges schlimmer war und ist die Situation an den Privattheatern und in der freien Theaterszene, zumal in letzterer viele von uns als Selbstständige oder Scheinselbstständige arbeiten, für die bisher keine verbindlichen Tarifverträge vereinbart werden durften.
Von Anfang an hat der BFFS eine gewaltige und zunehmend beschleunigte Aufholjagd hingelegt. Zunächst im Film-Fernseh-, später im Synchron- und seit jüngstem auch im Theaterbereich wurde der BFFS als Schauspielgewerkschaft anerkannt. So gelangte er an die entscheidenden Verhandlungstische und vereinbarte mit den Branchengrößen einen Kollektivvertrag nach dem anderen. Einstiegsgagen, Gagenuntergrenzen, Folgevergütungen, Regelungen zur betrieblichen Altersvorsorge, gerechtere Arbeits- und Vertragsstandards usw. wurden verbindlich geregelt. Allein in der vierjährigen Amtszeit des letzten Vorstands hat der BFFS trotz immenser Herausforderungen durch die Corona-Krise sage und schreibe neun Kollektivverträge durchgesetzt. Eine ungeheure Kraftanstrengung, ein atemberaubendes Tempo.
Die Zeit bleibt nicht stehen. Die globalen Krisen häufen sich – Corona, Krieg, Energienotstand, Inflation – und zu den ersten Verlierern gehören erfahrungsgemäß wir Kulturschaffende. Das Verständnis, Kultur erhalten und unsereins angemessen vergüten zu müssen, gerät unter immer größeren Druck.
Weitere Kollektivverträge mit verbindlichen Mindeststandards für unseren Berufsstand bilden eine wirkungsvolle Brandmauer, wenn wegen hitzigen Verteilungskämpfen wieder verstärkt gegen angemessene Gagen, anständige Arbeits- und Vertragsbedingungen gezündelt wird.
Dass der BFFS mit aller Kraft und noch mehr mobilisierten Kräften seine Verhandlungsaktivitäten fortführen wird, hat für den Vorstand oberste Priorität!
2. Uns Schauspieler*innen sozial-fair-sichern
So wegweisend das deutsche Sozialversicherungssystem von Bismarck geschaffen wurde, so sehr hinkt die Weiterentwicklung dieses Systems der heutigen Arbeitswelt hinterher. Auch und gerade die Berufswirklichkeit von uns Schauspieler*innen wird im System viel zu wenig berücksichtigt. So sind wir mit einem dschungelartigen Geflecht von nicht kompatiblen Sozialversicherungsregelungen konfrontiert, die uns mehr Sozialbeiträge abverlangen, als wir von diesen Regelungen sozial geschützt werden. Und gerade wir mit unseren unsicheren Existenzverhältnissen sind auf eine faire gesetzliche Absicherung dringend angewiesen.
Der BFFS hat in den vergangenen Jahren schon zu einigen Verbesserungen beitragen können, z. B. mit der Einführung der verkürzten Anwartschaftszeit für unseren Arbeitslosengeld-1-Anspruch. Aber die Politik bewegt sich nur in homöopathischen Dosen. Deutlich mehr Fortschritte bei unserer sozialen Absicherung zu erzielen, bleibt die zentrale politische Aufgabe, die auch der neue Vorstand mit Beharrlichkeit verfolgen wird. Ihm ist bewusst: Vor allem auf diesem politischen Gebiet braucht er einen sehr langen Atem.
In unserer puren Schauspieltätigkeit (A verkörpert B, während C zuschaut) sind wir in der Regel Beschäftigte = Arbeitnehmer = Angestellte, also im Schutzgebiet der gesetzlichen Sozialversicherung. Trotzdem gestaltet sich unsere Sozialversicherungspraxis höchst unterschiedlich, kompliziert und unzureichend.
Nur eine Handvoll von uns ist wie die anderen „typischen“ Arbeitnehmer*innen unbefristet fest angestellt. Das sind diejenigen, die nach 15 Jahren am selben Theater unkündbar wurden, weil deren Spielzeitverträge 14 Jahre hintereinander verlängert wurden. Sie sind „normal“ kranken-, pflege-, renten-, arbeitslosen- und unfallversichert.
Die Unfallversicherung wird allein von den Arbeitgeber*innen getragen. Die Kosten der anderen Versicherungszweige lasten ziemlich paritätisch auf beiden Schultern, die der Arbeitgeber*innen und die der Arbeitnehmer*innen. Die Beiträge sind je nach Versicherung ein gewisser prozentualer Anteil des Einkommens – allerdings nur bis zu bestimmten monatlichen Beitragsbemessungsgrenzen (BBG). Belegt die Beschäftigung nur den halben Monat, halbieren sich die BBG. Ist nur ein Tag betroffen, sind die BBG nur ein Dreißigstel der monatlichen BBG. Belegt die Beschäftigung eine Woche des Monats, sind die BBG sieben Dreißigstel der monatlichen BBG, usw. Soweit der Standard.
Alle anderen der ca. 2.000 Theater-Ensemblemitglieder von uns, die fälschlich oft als „Feste“ bezeichnet werden, sind nicht fest angestellt, sondern befristet – auf eine oder zwei Spielzeiten. Nach Ablauf dieser Frist werden sie jeweils verlängert oder nicht. Das gilt in unserer Arbeitswelt schon als „atypisch“.
Sozialrechtlich noch „atypischer“ beschäftigt sind die restlichen ca. 13.000 Schauspieler*innen von uns, die überwiegend Projekt bezogen vor der Kamera, vor dem Mikrophon stehen, oder am Theater gastieren. Sie arbeiten zumeist nicht, wie viele meinen, „frei“, was „selbstständig“ bedeuten würde, sondern als Angestellte – allerdings als kurz befristet Angestellte.
Die sozialrechtlichen Konsequenzen unserer kurz befristeten Projektarbeit sind erheblich und bitter: Einerseits haben wir berufsbedingte Versicherungslücken zwischen den Engagements, andererseits überlappen sie sich und erzeugen Beitragsüberzahlungen, die uns zwar in der Theorie, aber in der Praxis nie erstattet werden. Eine Menge unserer Projektarbeit leisten wir im „Schatten“. Sie wird von unseren Arbeitgeber*innen zwar erwartet, aber nicht wahrgenommen, nicht in unsere Vertragszeit einbezogen und schon gar nicht sozialversichert.
Noch undurchschaubarer gestalten sich unserer Sozialversicherungsverhältnisse, wenn unsere Vertragszeit unter einer Woche befristet ist und somit die Sonderregelungen der „Unständigkeit“ greifen. Wenn ansonsten unsere gesamten Erwerbstätigkeiten im betreffenden Kalendermonat von solch „unständigen“ Anstellungen unter einer Woche wirtschaftlich und zeitlich geprägt sind (wie z. B. beim Synchron üblich), wird von einer „berufsmäßigen Unständigkeit“ gesprochen. Dann gelten im Gegensatz zur typischen Sozialversicherungspraxis und unabhängig von unseren tatsächlichen Beschäftigungstagen in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung die BBG des ganzen Kalendermonats, während in die Arbeitslosenversicherung keine Beiträge fließen und wir keine Arbeitslosengeld-Ansprüche erwerben. Wenn allerdings unsere gesamten Erwerbstätigkeiten im betreffenden Kalendermonat eben nicht von „unständigen“ Anstellungen geprägt sind, gilt diese eine „unständige“ Anstellung unter einer Woche als „nicht berufsmäßig unständig“. Dann wird zwar in der Rentenversicherung die BBG des ganzen Kalendermonats angewendet, aber in der Kranken-, Pflege- und in diesem Fall auch in der Arbeitslosenversicherung sind allein die tatsächlichen Beschäftigungstage beitragspflichtig. Wer von uns, wer von den Abrechnungsverantwortlichen soll da noch durchblicken?
In einigen Fällen werden wir auch – Stichworte: Minijob, Midijob – gar nicht oder geringfügig oder unter einer bestimmten Niedriglohngrenze bezahlt, z. B. bei Filmprojekten von Filmhochschulen. Oder wir haben als wirtschaftliches Standbein einen anderen Dauerjob und üben den Schauspielberuf kurzfristig nebenberuflich aus. Alle diese Formen unterwerfen uns unter verschiedene Sozialversicherungsbestimmungen, die an dieser Stelle nicht näher ausgeführt werden sollen.
Unser künstlerisches Berufsleben umfasst hin und wieder auch schauspielverwandte (Lesung, Schauspiel-Coaching, Moderation, etc.), betriebsnahe (Drehbuch schreiben, Inszenierung, Produktion, etc.) oder Schauspieltätigkeiten, die untrennbar mit verwandten oder betriebsnahen Tätigkeiten verbunden sind (wenn wir z. B. in der „freien“ Theaterszene in einem Stück mitspielen, dass wir selbst mitgeschrieben, mit inszeniert und mit produziert haben). Diese Arbeiten werden teilweise als selbstständig eingestuft.
Überwiegen in unserem Berufsleben solch selbstständig künstlerischen Erwerbstätigkeiten, sind wir in der Künstlersozialkasse (KSK) versicherungspflichtig. Über die KSK sind wir kranken-, pflege- und renten-, aber nicht arbeitslosen- und auch nicht unfallversichert. Unsere Auftraggeber*innen und der Staat tragen gemeinsam die eine Hälfte der Beiträge, die sonst die Arbeitgeber*innen zahlen. Über die KSK gesetzlich versichert zu sein, ist besser als gar nichts. Aber weil unsere selbstständigen Erwerbstätigkeiten z. B. in der freien Theaterszene zumeist noch viel schlechter entlohnt werden als unsere kurz befristeten Anstellungen an etablierten Theatern oder bei Dreharbeiten und wir für die Höhe unserer KSK-Beiträge unser künftiges selbstständiges Einkommen eher zu niedrig einschätzen, ist unsere soziale Absicherung über die KSK im Vergleich eher kümmerlich. Dazu kommt, dass unsere Versicherung über die KSK immer dann in Frage steht, wenn wir – was ja die Mehrzahl ausmacht – wieder am Theater, bei Synchron-, Film- oder Fernsehproduktionen kurz befristet angestellt sind.
Sind wir beruflich selbstständig, allerdings nicht künstlerisch unterwegs, z. B. als Produzent*in, Veranstalter*in oder Agent*in, müssen wir unsere soziale Absicherung sowieso ganz allein zahlen.
Um das Bild abzurunden: Immer wieder haben wir Arbeitgeber*innen, vor allem in der Theaterszene und in der Werbebranche, die sich Sozialbeiträge sparen wollen, uns zum Schein für selbstständig erklären, aber tatsächlich über uns wie Angestellte verfügen. Das ist Scheinselbstständigkeit, das ist illegal. Wenn das auffliegt, kann das für die Theater oder Produktionen teuer werden. Aber solange sie dabei nicht erwischt werden, haben wir das Nachsehen.
Unter dem Strich ist also der sozialrechtliche Zustand unseres gesamten Berufslebens nicht nur hybrid – mal angestellt, mal selbstständig –, er wechselt auch zwischen einer typischen und mindestens sechs atypischen Anstellungs- sowie zwei Selbstständigkeitsarten hin und her. Mit der Grauzone der Scheinselbstständigkeit sind das insgesamt zehn unterschiedliche Versicherungspraxisformen – ein sozialrechtlicher „Zehnkampf“. Da passieren viele Fehler, viele Schwindeleien, wir verlieren viel Geld durch Beitragsüberzahlungen, und – weil wir zumeist unterversichert sind – den nötigen Anspruch auf einen angemessenen, fairen sozialen Schutz, wenn wir krank, pflegebedürftig, arbeitslos oder in Rente sind.
… unserer Sozialversicherungsverhältnisse, damit wir wirklich „sozial-fair-sichert“ sind.
Fair-Stetigung: Wir könnten gar nicht überleben, wenn wir nicht immer „dran“ blieben und trotz Beschäftigungslücken durchgehend unserem Beruf nachgingen. Also sollte unsere Sozialversicherungspflicht verstetigt und möglichst durchgehend gelten. Dann wären auch jene „Schattenzeiten“ versichert, in denen wir für unsere Projekte Verpflichtungen nachkommen, die von unseren Arbeitgeber*innen zwar erwartet, aber nicht registriert und nicht berücksichtigt werden.
Fair-Einheitlichung: Die je nach Fall wechselnde, unterschiedliche Handhabung der Sozialversicherungszweige wie z. B. bei der Unständigkeit ist kaum sachdienlich, verständlich oder durchführbar und führt zu vielen Fehlern zu unserem wirtschaftlichen und sozialen Nachteil. Die Verstetigung unserer Sozialversicherungspflicht sollte in allen Versicherungszweigen einheitlich vollzogen werden.
Fair-Einfachung: Die Angleichung vieler Regelungen zwischen den einzelnen Versicherungszweigen würde schon vieles erleichtern. Aber auch die Administration muss verbessert werden. Die korrekte Erfassung der Sozialversicherungsbeiträge z. B. liegt in der Verantwortung der gesetzlichen Krankenkassen. Mit dieser Aufgabe sind sie – zumindest was uns betrifft – heillos überfordert. Statt zu kontrollieren, ob wir den tatsächlichen Arbeitsverhältnissen entsprechend korrekt versichert werden, statt überzahlte Beiträge auszurechnen und uns zu erstatten, lassen sie vieles durchgehen. Wir leben im digitalen Zeitalter. Die Krankenkassen müssten sich untereinander mehr digital vernetzen, gemeinsam vieles vereinfachen, um ihrem gesetzlichen Auftrag der Beitragserfassung gerecht zu werden. Das Gleiche gilt auch für die anderen Sozialversicherungsträger: der Agentur für Arbeit und der Deutschen Rentenversicherung.
Die Schwächen der gesetzlichen Altersvorsorge für unsereins werden teilweise durch zwei betriebliche Altersvorsorgeeinrichtungen kompensiert:
Alle Angestellte an deutschen Bühnen sind pflichtversichert zur betrieblichen Altersvorsorge über die Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (Bayerische Versorgungskammer). Um während theaterfreier Phasen die Mitgliedschaft in dieser Versicherung nicht zu verlieren, sollten wir Schauspieler*innen weiterhin freiwillig zumindest den Mindestbeitrag leisten. Daran gilt es zu erinnern!
Mindestens so effektiv, aber freiwillig, ist die Pensionskasse Rundfunk für kurz befristet Beschäftigte oder selbstständig Mitwirkende bei Produktionen, die für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten hergestellt werden. Das betrifft auch uns Schauspieler*innen! Der große Vorteil ist: Wir zahlen nur Beiträge, wenn wir hin und wieder an solchen Produktionen beteiligt sind, sonst eigentlich nicht.
Im Interesse der Schauspieler*innen wird der neue Vorstand dafür sorgen, dass diese beiden betrieblichen Altersvorsorgeeinrichtungen vom BFFS unterstützt und beworben werden.
3. Mobilisierung unserer Kräfte
Der BFFS ist aus seinen Kinderschuhen heraus, hat seine Pubertät überwunden und wird langsam volljährig. Er ist im Laufe seiner letzten 17 Jahre stetig gewachsen und hat nun über 3.900 Mitglieder. Das sind ca. 25% aller deutschen Schauspieler*innen (im Jahr 2019 waren das 14.930) und stellt einen Organisationsgrad dar, der über dem Durchschnitt deutscher Gewerkschaften von 15% liegt. Angesichts der äußerst kurzzeitigen Einbindung von Schauspieler*innen in die Betriebe der Film-, Synchron- oder Theaterlandschaft, was ein erhebliches Hindernis, Mitglieder zu gewinnen, darstellt, ist die Mitgliederentwicklung des BFFS umso bemerkenswerter. Dennoch: Für die Herausforderungen, die vor uns liegen, kann der BFFS nicht groß genug sein.
Ein Hebel, gute Verträge abschließen zu können, ist, eine starke Gewerkschaft zu sein. Am Verhandlungstisch ist es weniger eine Frage der guten Argumente als vielmehr eine der Macht, die vor allem aus dem großen Rückhalt einer in der Branche entscheidenden Gruppe erwächst, ob zugunsten dieser Gruppe Fortschritte durchgesetzt werden können oder nicht.
Die Politik fühlt sich angesichts der zahllosen Interessensgruppen im Kulturbereich völlig überfordert. Nur mitgliederstarke Organisationen, insbesondere wenn sie wie der BFFS einen attraktiven Berufsstand vertreten, haben eine Chance, die Aufmerksamkeit der Politik zu gewinnen.
Mehr Mitglieder, die durch ihre Mitgliedschaft besser über ihre Rechte Bescheid wissen, sind auch mehr Schauspieler*innen, die sich nicht so leicht über den Tisch ziehen lassen.
Ja, im Vergleich zu anderen Kulturschaffendenverbänden hat der BFFS viele Mitglieder. Er hat aber auch viele Anliegen, demnach einen großen Handlungs- und nicht zuletzt einen hohen Finanzbedarf, der auf Dauer nur von noch mehr Mitgliedern gedeckt werden kann.
Der neue Vorstand wird sich für noch mehr Mitglieder stark machen.
Noch immer ist das Hauptaugenmerk unserer regionalen Pat*innen auf die Organisation unserer regionalen Stammtische gerichtet. Damit wird ihr ehrenamtliches Engagement und ihre Bereitschaft, die Vorstandsarbeit zu unterstützen, etwas unter Wert genutzt. Ziel muss sein, in vertrauensvoller Abstimmung mit dem Vorstand geneigte und geeignete Pat*innen mit der regionalen Politik zu vernetzen. Sie könnten in ihrer jeweiligen Region mehr Kontakte zu Film- und Schauspielschulen, Kulturräten, Behörden, Landespolitikern aufbauen und pflegen.
Dabei gilt es drei entscheidende, aber schwer zu lösende Fragen zu beantworten: Wie kann gewährleistet werden, dass alle Pat*innen nach außen mit einer BFFS-Stimme reden? Wie können sie bei ihrem Engagement vor Ort von den BFFS-Profis fachlich beraten und begleitet werden? Wovon soll der BFFS diesen regionalen Mehraufwand bezahlen?
Dennoch: Der neue Vorstand will sich diesen Fragen widmen, um den Einfluss des BFFS in den Regionen zu stärken.
Nach 17 Jahren sind inzwischen die meisten „Gründungspioniere“ nicht mehr im Vorstand.
Unsere neuen Vorstandsmitglieder arbeiten wie die bisherigen ehrenamtlich. Sie alle führen ein ausgefülltes Schauspielleben, das sich ohnehin leider nur schwer mit einem Privatleben, mit Familie, mit Freundschaften usw. vereinbaren lässt. Nun kommen auch noch die Belastung und Verantwortung des Vorstandsamtes dazu – für das es keine Ausbildung gibt.
Die ehemaligen Vorstände haben in den vielen Jahren ihrer Pionierzeit umfangreiche Kenntnisse sich angeeignet, wertvolle Erfahrungen gesammelt, kennen die Geschichte des Verbands und könnten, soweit sie Lust haben und ihre jeweiligen neuen Lebensabschnitte es zulassen, den neuen Vorstand beratend oder tatkräftig begleiten. Der neue Vorstand wird auf diese Hilfe dankbar und gerne zurückgreifen.
Die vielen Mitglieder bilden die Stärke des BFFS. Seine Geschäftsstelle, seine Hauptamtlichen, seine zuarbeitenden Profis und Expert*innen und die Begleitung seines Beirats sind das eigentliche Rückgrat unserer Gewerkschaft.
Aufgrund seiner Größe kann der BFFS sich dieses Rückgrat leisten – und muss es sich dringend leisten können! Das ehrenamtliche Engagement unserer Mitglieder, auch das des Vorstands, kann die juristische, wirtschaftliche, organisatorische, technische, journalistische Kompetenz, auf die unser Verband rund um die Uhr in allen Themenfeldern angewiesen ist, niemals ersetzen. Unsere Interessensgegner an den Verhandlungstischen, unsere Gesprächspartner*innen in den Behörden und in der Politik haben alle einen ungleich größeren Apparat. Der BFFS kann weiterhin nur Erfolg haben und seinen wachsenden Herausforderungen gerecht werden, wenn er daran arbeitet, mit deren Knowhow Schritt halten zu können.
Der neue Vorstand wird nach Wegen suchen, wie der BFFS im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten seine Fachkompetenz bewahren und möglichst weiter ausbauen kann.
Wir Schauspieler*innen sind in all unseren Einsatzgebieten – Bühne, Film-Fernsehen, Synchron – eine große Berufsgruppen, aber nicht die einzige. Darum sucht der BFFS grundsätzlich die Zusammenarbeit mit allen anderen Kulturgruppen. Er hat allerdings dabei in den letzten 17 Jahren sehr unterschiedliche Erfahrungen gemacht, die unser neuer Vorstand beherzigen möchte.
Viele Berufsverbände in unserer Umgebung sind wie ihre Berufsgruppen sehr klein und können sich einen professionellen Verbandsapparat und professionellen Umgang mit anderen Verbänden kaum leisten. Einerseits klammern sie sich nicht selten zu ängstlich an ihre Maximalforderungen ohne Rücksicht auf benachbarte Berufsgruppen. Andererseits neigen sie oft zu unüberlegten Adhoc-(Re-)Aktionen und zur unfreiwilligen Wankelmütigkeit. Eine Haltung oder Absprache von heute kann morgen schon obsolet sein. Das sind alles sehr ungünstige Voraussetzungen für eine verlässliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Einige Berufsverbände haben darüber hinaus auch eine grundsätzliche andere Vorstellung von Interessensvertretung als der BFFS. Sie betreiben eher eine Eliten-Politik. Sie wollen lieber einigen wenigen privilegierten Berufskolleg*innen im Elfenbeinturm dienen als denjenigen, die außerhalb dieses Turms den widrigen Verhältnissen schutzlos ausgeliefert sind.
Das kam und kommt für den BFFS nicht in Frage! Denn der BFFS ist eine Gewerkschaft und konzentriert sich auf die Verbesserung von Mindeststandards, von denen unmittelbar die Schutzlosesten, indirekt aber auch die Etablierteren unter uns profitieren. Kein Wunder, der BFFS bevorzugt die Bündnisse mit anderen Gewerkschaften. Die wenigen aber wichtigen Gewerkschaften in unserer Nähe teilen die BFFS-Haltung, auch wenn sie im Detail durchaus unterschiedliche Auffassungen vertreten. Sie sind größer, professioneller, verlässlicher als die vielen kleinen Berufsverbände und souverän genug, so kompromissfähig zu sein, um miteinander und mit unserem BFFS langfristig zusammenarbeiten zu können. Zu diesen Gewerkschaften gehören …
- die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di. Sie ist mit seinen 1,8 Millionen Mitgliedern die zweitgrößte Gewerkschaft der Welt und versteht sich als Branchengewerkschaft, die nicht einzelne Berufsgruppen, sondern vielmehr die Interessen aller Arbeitnehmer*innen ganzer Branchen vertritt. Sie verhandelt u. a. den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst, der bis in den Bühnenbereich hereinreicht, zusammen mit unserem BFFS die einzelnen Tarifverträge für auf Produktionsdauer beschäftigte Filmschaffende sowie Gemeinsame Vergütungsregeln z. B. mit Netflix und ebenfalls mit unserem BFFS Vereinbarungen mit Produzent*innen und Verleihern im Synchronbereich.
- die Genossenschaft deutscher Bühnen-Angehöriger GDBA. Sie ist eine der ältesten Gewerkschaft von 1871 und versteht sich ebenfalls als Branchengewerkschaft, die unabhängig vom Gewerk alle Angehörigen der Bühnenlandschaft vertritt. Sie betreut zusammen mit ihrem Gegenspieler, dem Deutschen Bühnenverein, seit 1924 den Normalvertrag (NV) Solo, der 2003 mit anderen Tarifwerken zum Normalvertrag (NV) Bühne zusammengefasst wurde.
- die Vereinigung deutscher Opern- und Tanzensembles VdO. Sie vertritt im Bühnenbereich diese beiden Berufsgruppen und sitzt seit Entstehen des NV Bühne mit der GDBA auf der gleichen Verhandlungsseite – gefolgt von unserem BFFS seit 2022.
Ideal für den Meinungs- und Informationsaustausch, sowie für konsensuale Lobbyarbeit sind auch organisationsübergreifende Plattformen wie der Deutsche Medienrat, der eine der Sektionen im Deutschen Kulturrat darstellt, die Initiative Urheberrecht, die sich um die urheberrechtspolitischen Anliegen ihrer Mitgliedsorganisationen kümmert und die International Federation of Actors (FIA), die ein Forum aller Schauspielverbände weltweit ist.
Der neue Vorstand wird darauf achten, all diese Bündnisse und Kooperationen zu pflegen und auszubauen.
Weil die Pensionskasse Rundfunk vor allem für die Altersvorsorge unserer Kolleg*innen, die an der Herstellung von Projekten für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beteiligt sind, ein wesentliches Standbein darstellt, achtet der BFFS seit Jahren darauf, dass genügend BFFS-Mitglieder in den Gremien dieser Altersvorsorge-Einrichtung vertreten sind, um eine möglichst enge Zusammenarbeit mit ihr zur ermöglichen.
Das gleiche gilt für die Zusammenarbeit des BFFS mit der für uns Schauspieler*innen zuständigen Verwertungsgesellschaft, der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL). Hier ist der BFFS nicht nur mit zwei Delegierten vertreten, er ist seit 2018 auch Mitgesellschafter geworden, damit die Stimme der Schauspieler*innen im Kreis der Berechtigten, die überwiegend aus dem Musikbereich stammen, nicht untergeht.
Ein weiteres Fundament seiner Durchsetzungsmacht sind die Einrichtungen, die der BFFS seit seiner Gründung nach und nach geschaffen hat:
Gegründet im Jahr 2012, hat der Deutsche Schauspielpreis sich zu einem der beliebtesten Auszeichnungen unter Schauspieler*innen entwickelt, was nicht nur an der Tatsache liegt, dass er die einzige Auszeichnung von Schauspieler*innen für Schauspieler*innen im deutschsprachigen Raum ist und es keinen anderen Preis gibt, der für sich in Anspruch nehmen kann, das gesamte Schaffen deutschsprachiger Schauspieler*innen im Blick zu haben, sondern auch an der einzigartigen familiären und herzlichen Atmosphäre bei der Verleihung.
Mit diesem Preis beweist der BFFS Jahr für Jahr seine Organisations-Kompetenz und Ausstrahlung auf die gesamte Branche und über diese hinaus. Abgesehen von der Rückgewinnung der Deutungshoheit über das, was wir Schauspieler*innen unter inspirierendem Schauspiel verstehen, dient der Deutsche Schauspielpreis deshalb auch dem Ruf des BFFS als legitime Vertretung der gesamten Schauspielschaft und bietet dem BFFS darüber hinaus auch die Möglichkeit der Charme-Offensive. Denn unsere Ziele verfolgen wir auf verschiedene Weisen. Neben Verhandlungsmacht und Bündnisfähigkeit sollten die Soft Skills der professionellen Gastfreundschaft nicht unterschätzt werden. Verhandlungspartner*innen, politische Entscheidungsträger*innen und andere Partner*innen unserer Arbeit sind Menschen, zu denen der Zugang durch eine solche Gastfreundschaft erfahrungsgemäß erleichtert wird.
Um es salopp zu formulieren: Ein gut sortiertes und ansprechendes Schaufenster erhöht das Vertrauen der Kund*innen in das Geschäft. Der Deutsche Schauspielpreis ist gewissermaßen das Schaufenster des BFFS. Insofern dient auch er der Mobilisierung und Bündelung unserer Kräfte, indem er das Vertrauen in sowohl Verhandlungsmacht als auch Verhandlungskompetenz unserer Gewerkschaft stärkt.
Auch der Schauspiegel als regelmäßig erscheinendes, professionell gestaltetes Magazin dient diesem Zweck. Er wird nicht nur von den BFFS-Mitgliedern wahrgenommen und gelesen, sondern auch von anderen Branchenvertreter*innen. Auf diese Weise werden unsere Themen und Standpunkte verbreitet und es entsteht, analog zum Deutschen Schauspielpreis, ein Bild des BFFS als funktionstüchtiger und schlagkräftiger Gewerkschaft in ansprechender und professioneller Form.
Sowohl der Deutsche Schauspielpreis als auch der Schauspiegel sind im Großen und Ganzen auf einem guten Weg, den zu gehen Kontinuität und weitere Professionalisierung erfordert, die der neue Vorstand aufzubringen entschlossen ist.
Der BFFS ist alleiniger Gesellschafter der von ihr geschaffenen „deska Deutsche Schauspielkasse“.
Neben der Schwierigkeit, zugunsten der Schauspieler*innen Folgevergütungen von der Seite der Produzent*innen, Sender-, Verleih- und Streaming-Unternehmen abringen zu können, bestand immer auch das administrative Problem, dass diese Verwerterseite grundsätzlich nicht in der Lage oder gewillt war (und ist), die Verteilung dieser Folgevergütungsgelder an die zahlreichen berechtigten Schauspieler*innen selbst zu übernehmen. Verwertungsgesellschaften wollten diese Aufgabe ebenfalls nicht übernehmen. Die GVL nicht, weil sie den Aufwand scheute, die VG Bild-Kunst nicht, weil andere Berufsgruppen in ihren Gremien (Regie, Kamera, Szenen-, Kostümbild, Filmschnitt) dem Widerstand ihrer Verbände entsprechend, die Unterstützung strikt ablehnten. Ohne Organisation der Verteilung aber wären unsere BFFS-Verträge zur Zahlung von Folgevergütungen gar nicht erst zustande gekommen. Mit Gründung unserer deska Deutsche Schauspielkasse im Jahr 2014 hat der BFFS die Verteilung an uns Schauspieler*innen auf solide und vom Wohlwollen konkurrierender Berufsverbände unabhängige Füße gestellt. Noch besser: Inzwischen nehmen auch Angehörige anderer Gewerke, um ihre Folgevergütungen zu erhalten, die Dienste unserer deska Deutsche Schauspielkasse in Anspruch. So ermöglicht sie nicht nur die Abwicklung der Verteilung von Folgevergütungen an einen großen Berechtigtenkreis, allein dass der BFFS über dieses Instrument verfügt, öffnet ihm die Tür zu neuen Verhandlungen und Vertragsabschlüssen.
Der Vorstand wird sich in den Verhandlungen weiterhin dafür einsetzen, die Verwaltungskosten der Verteilung durch die deska möglichst von der Verwerterseite tragen zu lassen. Wenn und soweit dies nicht durchsetzbar ist, dürfen keinesfalls BFFS-Mitgliedsbeiträge dafür herhalten, sondern muss die deska von den Empfänger*innen der Folgevergütungen eine entsprechende Gebühr einnehmen. Dabei sollte von den BFFS-Mitgliedern unter den Empfänger*innen geringere Gebühren abverlangt werden. Auch darauf wird der BFFS achten. Schließlich gewährleisten unsere Mitglieder den Bestand des BFFS und damit auch der deska.
Ein weiterer Hebel, Kollektivverträge durchsetzen zu können, bietet uns das Urhebervertragsrecht. Urheber*innen und ausübende Künstler*innen – das sind wir Schauspieler*innen – sind gegenüber ihren Arbeit- und Auftraggeber*innen sowie den dahinterstehenden Sendern, Verleihern, Streamdienstanbietern bei der Vertragsverhandlungen chronisch unterlegen. Schwach sind die einzelnen Kreativen, schwach sind aber auch die meisten ihrer Berufsverbände, weil sie relativ klein und ihre Mitglieder zumeist Selbstständige sind, die keinen arbeitsrechtlichen Schutz genießen. Darum schreibt das Urheberrecht vor, dass Kreative von ihren Vertragspartner*innen angemessen vergütet (§ 32), oder die Kreativen nachvergütet werden müssen, wenn sich im Nachhinein ihre Erstvergütung gegenüber den Erträgen und Vorteilen der Vertragspartner*innen oder der nachfolgenden Verwerter*innen als unverhältnismäßig niedrig erweist (§ 32a). Darüber hinaus stärkt das Urheberrecht die Kreativverbände, mit Produktionsverbänden, Sendern, Verleihern und Streamingdienstanbietern sogenannte Gemeinsame Vergütungsregeln auszuhandeln, damit Kreative angemessen vergütet bzw. nachvergütet werden (§ 36).
Das Urhebervertragsrecht hat sich auch unter dem Einfluss des BFFS weiterentwickelt, ist aber noch lange nicht so ausgestaltet, den BFFS oder andere Kreativverbände in Verhandlungen auf Augenhöhe mit der Gegenseite bringen zu können. Der BFFS wird dazu beitragen, den Hebel des Urhebervertragsrecht weiter zu stärken. Der neue Vorstand ist sich dieser Verantwortung bewusst.
Im Rahmen seiner Verhandlungen mit Theater-, Produktions-, Sender-Vertretungen etc., sowie seiner Lobbyarbeit auf Politikebene engagiert sich der BFFS natürlich auch für mehr Chancengerechtigkeit unter den Geschlechtern, für mehr Diversität, Inklusion, Vielfalt, für mehr Vereinbarkeit von Familie und Beruf und gegen Diskriminierung, gegen Machtmissbrauch.
All diese Themen muss der BFFS bewusst setzten, wann und wo immer es geht, damit sie nicht zu Modethemen verkommen und Teilhabe ermöglicht wird.
Da es eine strukturelle Chancenungleichheit gibt, ist es das Ziel des BFFS, dass die Kulturlandschaft so reich und divers wie die Gesellschaft wird. Dazu muss die Branche die gesamte Gesellschaft widerspiegeln und zwar auf allen Ebenen der Theaterhäuser, der Film- und Fernsehproduktionen sowie der Ton- und Synchronstudios etc. Nur so wird eine Teilhabe aller erreicht. Dafür braucht es eine durchgehende Anstrengung und eine neue Selbstverständlichkeit.
Die Umsetzung all dieser Anliegen ist überfällig. Unser Berufsleben, unser Zusammenspiel, unsere Gemeinschaft würden bereichert – und nicht zuletzt auch unser Zusammenhalt, unsere BFFS-Gewerkschaft.
Wer wie unser BFFS für unseren Berufsstand faire und angemessene Gagen, faire und angemessene Arbeitsbedingungen einfordert, gewinnt an Glaubwürdigkeit und Durchsetzungskraft, wenn er selbst bereit ist, Fairness und Angemessenheit walten zu lassen. Der BFFS denkt dabei an Solidarität mit unseren Teamkolleg*innen, aber eben nicht nur. Unser ganzes Arbeitsumfeld verdient Fairness und Angemessenheit. Für den BFFS heißt dies auch, unseren Beitrag zu leisten für einen angemessen, nachhaltigen und schonenden Umgang mit unseren Ressourcen.
Ein Anfang ist gemacht: Der BFFS hat bereits im Frühjahr 2021 die Film- und Fernsehbranche zum nachhaltigen Drehen ermuntert und sowohl im Mantel- als auch im Schauspieltarifvertrag quasi prophylaktisch versprochen, Anforderungen zum nachhaltigen grünen Produzieren als maßgebliche Grundlage für Dreharbeiten ausdrücklich anzuerkennen, wenn denn solche Anforderungen von Filmförderungen bzw. Auftraggeber*innen aufgestellt würden. Daraufhin sind Anfang 2021 entsprechende „Ökologische Mindeststandards für deutsche Kino-, TV- und Online- / VoD-Produktionen“ entstanden. Der BFFS begrüßt diesen Fortschritt und gehört zu den ersten Unterstützern dieser Initiative.
Natürlich ist der BFFS keine Umweltbewegung und natürlich sind unmittelbar unsere Arbeit- und Auftraggeber*innen dafür zuständig, die Ressourcenverschwendung in unserem Arbeitsumfeld auf ein Minimum zu reduzieren. Aber in dieser Zeit kann sich niemand aus der Verantwortung stehlen, auch wir Schauspieler*innen nicht. Auch wir müssen uns besinnen und etwa auf unverhältnismäßige Flug- oder Autoreisen verzichten. Der neue Vorstand möchte diesen Nachhaltigkeitsprozess auch weiterhin befördern. Denn gerade in unserem oft von eitlem Firlefanz belasteten Berufsalltag machen wir immer wieder die heilsame Erfahrung: Weniger ist mehr.
Voraussetzung sowohl für unsere künstlerische Entfaltung als auch für die Interessensvertretung unseres BFFS ist eine Gesellschaft, die auf freien, pluralistischen, demokratischen Werten beruht und von einem Rechtsstaat geschützt wird.
Das ist, wie uns die Gegenwart lehrt, keine Selbstverständlichkeit. Wir erleben Angriffe von außen und von innen. Krieg tobt in unserer unmittelbaren Nähe, wir erleben zunehmend Hass, Gewalt in Worten und Taten, Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit, Feindlichkeit gegen Minderheiten, sei es nun People of Color, LGBTQ, Flüchtlinge etc. Die zersetzenden Kräfte breiten sich immer mehr aus, treiben ihr Unwesen in unseren Parlamenten und drohen uns allen, den Boden unter den Füßen zu entziehen.
Der BFFS hat sicher alle Hände voll zu tun, unsere Schauspiel-Belange zu vertreten. Doch er muss auch über seinen Tellerrand schauen, die konstruktiven Kräfte mobilisieren und seinen gesellschaftlichen Beitrag leisten zu einem menschenwürdigen Leben für alle in unserem beruflichen Umfeld, in unserer Kulturwelt, in unserem Land.
Die Drei Prioritäten im „Spielplan“ des Vorstandsteams Leslie Malton als PDF zum Download