Wie sollten wir Schauspieler*innen uns ansonsten noch sozial absichern?

Heinrich Schafmeister
10. Januar 2022

Altersarmut ist für uns eine große Gefahr. Viele von uns haben kümmerliche Gagen und nicht die Chance, fürs Alter etwas zurückzulegen. Die Sozialversicherungsgesetzgebung nimmt zu wenig Rücksicht auf atypische und hybride Erwerbsverhältnisse, wie wir sie haben. Das hat viele Nachteile – auch für unsere Rente.

Ohne Zusatzversorgung sähe es für uns im Alter düster aus. Zum Glück haben wir zwei betriebliche Altersvorsorgesysteme:

<strong>Bühnenversorgung:</strong>

Bühnen-Schauspieler*innen sind zusätzlich pflichtversichert zur betrieblichen Altersvorsorge über die Versorgungsanstalt der deutschen Bühnen (Bayerische Versorgungskammer). Sie wird wie die gesetzliche Sozialversicherung zu gleichen Teilen sowohl von uns als auch von den Theatern getragen.

Der Bundesverband Schauspiel empfiehlt allen Kolleg*innen, auch in Theater freien Zeiten darauf zu achten, weiterhin freiwillig einen monatlichen Beitrag von wenigstens 12,50 € in diese „Bühnenversorgung“ zu zahlen, um die Mitgliedschaft in der Versorgungskammer zu behalten.

<strong>Pensionskasse Rundfunk:</strong>

Jeder von uns, der ab und zu bei Produktionen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mitwirkt, sollte Mitglied der Pensionskasse Rundfunk werden.

Wir zahlen dann von unserer Bruttogage einen Beitrag von 4% (oder freiwillig 7%) und die Produktionsfirma ebenfalls 4%. Aufgrund des Vertrages zur „Limburger Lösung“, den der Bundesverband Schauspiel 2016 durchgesetzt hat, erstatten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Produktionsfirma nachträglich den Arbeitgeberanteil. Die Produktionsfirmen haben also durch unsere Mitgliedschaft keine wirtschaftlichen „Nachteile“ und keinen Grund, uns die Beitragszahlung zur Pensionskasse Rundfunk zu verweigern. Und die Rundfunkanstalten können sich auch nicht beschweren. Ein Teil der Rundfunkgebühren, die sie beanspruchen, ist ausdrücklich für die Altersvorsorge der nicht festangestellten Mitwirkenden ihrer Sendungen vorgesehen.

Wenn wir gerade nicht an einer Produktion für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten beteiligt sind, zahlen wir auch keine Beiträge. Nur wenn für uns ein ganzes Jahr lang keine 490 € zur Pensionskasse Rundfunk eingegangen sein sollte, meldet sich die Pensionskasse Rundfunk bei uns und fordert uns auf, den fehlenden Beitrag nachzuzahlen.

Die Pensionskasse Rundfunk ist vor allem für die Film / Fernsehschauspieler*innen das eigentliche Standbein ihrer Altersvorsorge – wenn sie dort Mitglieder sind.

Unsere Schauspielengagements gelten zwar als künstlerische, aber in der Regel nicht als selbstständige Erwerbstätigkeiten, die dem Künstlersozialversicherungsgesetz (KSVG) unterliegen würden. Insofern kann die Künstlersozialkasse für uns nicht die Patentlösung sein. Erstens ist sie für uns – wie gesagt – in der Regel nicht zuständig. Und zweitens müssen die Versicherten zur Bestimmung ihrer Beitragshöhe ihr Einkommen fürs kommende Jahr selbst einschätzen. Da sind sie oft zu bescheiden – mit bescheidenem Ergebnis für ihre Rente.

Aber so manche von uns üben schauspiel-verwandte Erwerbstätigkeiten aus, weil sie z. B. als Schauspielcoach, Comedians, Kabarettist*innen arbeiten. Oder wir sind in der freien Theaterszene unterwegs, in der wir mit dem Schauspiel kombinierte Mischtätigkeiten haben, also als Schauspieler*innen auch Mitunternehmer*innen, Autor*innen, Regisseur*innen usw. sind. Oder wir entwickeln und spielen unser eigenes Solo-Programm – haben also die Misch-Tätigkeiten Produktion, Autorenschaft, Regie und Schauspiel. In diesen Beispielen sind wir selbstständig tätig und – wenn diese Erwerbstätigkeit nicht nur vorübergehend ist – ein Fall für die Künstlersozialkasse.

<strong>Künstlersozialkasse (KSK):</strong>

Die Künstlersozialkasse (KSK) sitzt als Unterbehörde der Unfallversicherung Bund und Bahn in Wilhelmshafen und ist selbst kein Leistungsträger, sondern bedient drei Versicherungszweige: Die Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Die restlichen Zweige – die Arbeitslosen- und Unfallversicherung – sind für die selbstständigen Künstler*innen und Publizist*innen nicht gedacht und gehören nicht zur KSK-Versicherung.

Die Beitragshöhe richtet sich nach dem jeweiligen Jahreseinkommen. Es darf nicht unter 3.900 € liegen und wird von den KSK-Versicherten vorab selbst eingeschätzt. Wie Arbeitnehmer*innen müssen sie nur die Hälfte ihres Beitrags aufbringen. 20% zahlt der Bund dazu und 30% werden durch Sozialabgaben der Unternehmen getragen, die Kunst oder Publizistik verwerten.

Die KSK ist – das ist vielen nicht bewusst – für „echte“ Künstler*innen und Publizist*innen eine Pflichtversicherung. Und alle jungen Kolleg*innen, die sich ins Abenteuer stürzen, künstlerisch „ihr eigenes Ding“ zu machen, sollten sich an die Achternbusch-Weisheit – „Nichts ist besser als gar nichts.“ – halten.

Und die KSK ist allemal besser als gar keine gesetzliche Sozialversicherung!