PRESSEMITTEILUNG: Gesetzliche Tarifeinheit behindert bestehende Tarifeinheit

Pierre Kindler
15. Dezember 2014

Schauspielgewerkschaft kritisiert Entscheidung des

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Berlin, den 15. Dezember 2014

Am letzten Donnerstag hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Tarifeinheit beschlossen. Mit Blick auf die Tarifauseinandersetzungen beim Flug- und Bahnverkehr will die Große Koalition die Tarifeinheit in Betrieben gesetzlich erzwingen und in der Praxis die Streikmöglichkeit von Spartengewerkschaften verbieten.

Der Bundesverband Schauspiel (BFFS), in dem die meisten Schauspielerinnen und Schauspieler gewerkschaftlich organisiert sind, lehnt wie ver.di das Tarifeinheitsgesetz aus grundsätzlichen und speziellen Bedenken strikt ab. Zum einen halten beide Gewerkschaften das Tarifeinheitsgesetz mit der in Artikel 9, Absatz 3 Grundgesetz garantierten Koalitionsfreiheit für unvereinbar. Zum anderen sind sie sich einig, dass die Instrumente des Gesetzes, die Mehrheit-im-Betrieb-Regel und die Nachzeichnungsregel, die freiwillige Tarifeinheit gefährden, die beide Gewerkschaften seit 2010 in der Film- und Fernsehbranche pflegen. Der BFFS befürchtet, dass mit dem Tarifeinheitsgesetz genau das Gegenteil erreicht wird, was sich die Regierung von ihm verspricht.

Das Tarifeinheitsgesetz lässt bei kollidierenden Tarifverträgen nur den Tarifvertrag von der Gewerkschaft gelten, die im jeweiligen Betrieb die meisten Mitglieder hat. In den Betrieben der Film- und Fernsehbranche gibt es kaum unbefristete Beschäftigungen, die meisten Angestellten arbeiten nur auf kurze Zeit befristet und wechseln ständig die Betriebe. Sind in einem Betrieb an einem Tag die meisten bei der einen Gewerkschaft organisiert, können am nächsten Tag die Mitglieder der anderen Gewerkschaft in der Mehrheit sein. „Da wird ‚Mehrheit im Betrieb‘ zum Lottospiel“, meint Heinrich Schafmeister, der im BFFS als Vorstandsmitglied für die Tarifarbeit zuständig ist. „Gerade diese Ungewissheit provoziert Hysterie unter den Mitgliedern der Gewerkschaften, sich gegen die jeweils andere zu wappnen und in ihren Kreisen zu wildern.“

Laut Tarifeinheitsgesetz soll mithilfe der sogenannten „Nachzeichnungsregel“ der Tarifvertrag der unterlegenen Minderheitsgewerkschaft dennoch gültig werden können, wenn sie den kollidierenden Teil vom Tarifvertrag der Mehrheitsgewerkschaft abschreibt.

„Dieses Instrument schafft Anreize, auch in unserer Film- und Fernsehlandschaft, neue, arbeitgeberfügige Pseudogewerkschaften entstehen zu lassen, die wiederum den echten, sozial mächtigen Gewerkschaften das Wasser abgraben“, erklärt Heinrich Schafmeister.

Der BFFS warnt: Die Bundesregierung wird mit dem Tarifeinheitsgesetz gerade im Kulturbereich einen gehörigen Kollateralschaden anrichten.

„Aber trotz der Stöcke, die uns von Regierungsseite zwischen die Beine geworfen werden, ist der BFFS, die Berufsgewerkschaft der Schauspielerinnen und Schauspieler, fest entschlossen, die Tarifeinheit mit ver.di zu stärken, die Bündnisse mit anderen Gewerkschaften und Verbänden auszubauen und den Zusammenhalt der Film- und Fernsehschaffenden zu fördern“, erklärt Heinrich Schafmeister. „Schließlich wollen wir Verantwortung tragen für unsere Zukunft, wenn die Politiker, die zurzeit nicht unsere Tarifsituation, sondern nur ‚Bahnhof‘ verstehen wollen, längst nicht mehr im Amt sind.“


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